Artikel: Interkulturelles Lernen


Thomas Tinnefeld (Saarbrücken):


Interkulturelles Lernen mit Internet-basierten Wissensplattformen im Bereich Deutsch als Fremdsprache - am Beispiel von Yahoo! Clever


In: Fremdsprachen und Hochschule 81 (2009), 97-126


0 Einleitung



In dem vorliegenden Artikel soll interkulturelles Lernen an Hand eines Mediums vorgestellt werden, das sich durch einen hochgradig neuen Charakter auszeichnet und das in den kommenden Jahren mit großer Wahrscheinlichkeit noch bedeutsamer werden wird als es ohnehin bereits ist. Gemeint ist Yahoo! Clever, der Service des entsprechenden Internet-Portals


Nach unserer ersten Beschäftigung mit diesem, auf die Weitergabe persönlichen Erfahrungswissens ausgerichteten Service hinsichtlich der Vermittlung der deutschen Umgangssprache (vgl. Tinnefeld 2008) wollen wir uns nunmehr mit einer weiteren Ausprägung des Potentials von Yahoo! Clever beschäftigen, nämlich mit dessen Möglichkeiten, die es für die Bereitstellung Interkulturellen Lernens bietet.


Interkulturelles Lernen sollte möglichst nicht Kompendiumlernen sein; Lernen aus dem Lehrwerk allein ist jedoch Kompendiumlernen. Dieses kann naturgemäß nie lebendig, in optimaler Weise zeitnah, nie wirklich aktuell und daher auch nicht in letzter Konsequenz authentisch sein[1]. Die ausschließliche Vermittlung von Interkulturalität mit Hilfe des Lehrwerks kann daher nur als Notlösung angesehen werden; eine anzustrebende Option ist sie dagegen nicht[2].


Auf diesem Hintergrund können Internet-basierte Wissensplattformen Abhilfe schaffen. Sie erfüllen die Bedingungen, die soeben genannt worden sind, wie diejenige der Zeitnähe, der Authentizität sowie der Aktualität. Als Beispiel für diese Wissensplattformen im Internet sei hier exemplarisch Yahoo! Clever untersucht. Alternative Wissensplattformen, die zuweilen unterschiedlich, zuweilen jedoch durchaus parallel verstanden werden können, sind die enzyklopädisch ausgerichtete Wikipedia und WEB.DE Wissen, um hier nur zwei Beispiele zu nennen. Wir wählen für die vorliegende Untersuchung Yahoo! Clever aus, da diese Plattform nach dem Frage-Antwort-Prinzip arbeitet und somit eine sehr konkrete Kommunikationsstruktur aufweist. In der vorliegenden Untersuchung wollen wir uns zunächst mit Yahoo! Clever selbst beschäftigen, - mit seiner Entstehung, seiner Bedeutung und seinem Potential für das interkulturelle Lernen. In einem weiteren Schritt werden wir uns mit dem Begriff Interkulturelles Lernen beschäftigen und diesen einer Definition und einer funktionalen Differenzierung zuführen. Den Hauptteil der Untersuchung stellen unsere Reflexionen zur Vermittlung des interkulturellen Lernens mit Hilfe von Yahoo! Clever dar, wobei wir uns hier eher auf die Unterschiede als auf die Gemeinsamkeiten konzentrieren wollen. In einem weiteren Schritt wollen wir versuchen darzulegen, wie Yahoo! Clever im Sinne des aktiven Handelns der Schüler oder der Studierenden in den Unterricht Deutsch als Fremdsprache eingebracht werden kann.



1 Der Internet-Service Yahoo! Clever



1.1 Grundlegende Charakteristika



Der deutsche Service Yahoo! Clever ist aus dem amerikanischen Yahoo! Answers hervorgegangen, der im November 2006 eingerichtet worden ist und bis August 2007 auf der Basis von 7 Millionen Fragen 65 Millionen Antworten hervorgebracht hat (vgl. Wikipedia 2009b). Andere Quellen sprechen bis März 2007 gar von 90 Millionen Nutzern und 250 Millionen Antworten weltweit. In Deutschland wurden bis zu diesem Zeitpunkt 1.5 Millionen „Unique Users“ erfasst, die 230 000 Fragen gestellt und 2,2 Millionen Antworten darauf gegeben haben (vgl. YooMe 2007). Das Prinzip von Yahoo! Clever ist denkbar einfach. Teilnehmen an dieser Community kann jeder; die Anmeldung ist – wie meistens in Internet-basierten Wissenssystemen – simpel und unproblematisch, der eigentliche Service ist kostenlos. Wer immer eine Frage jedweder Art hat, die er entweder auf andere Weise nicht beantwortet bekommen kann, bei der er eigene Antwort-Recherchen absichern möchte, oder bei der er schlicht und einfach die Meinung anderer Menschen auf einer breiten Rezeptionsbasis – also jenseits des eigenen Familien- oder Freundeskreises – einholen möchte, kann sich des Wissensportals Yahoo! Clever bedienen. Es kann prinzipiell jede Frage gestellt werden, solange sie nicht gegen die guten Sitten verstößt. Die Bandbreite der zu stellenden Fragen ist weitgehend unbegrenzt; der Service selbst ist gegenwärtig in 26 Kategorien eingeteilt(vgl.http://de.answers.yahoo.com/;_ylc=X3oDMTFkczdqc3V0BF9TAzIxMTQ3MTgyOTEEX3MDMjExNDcxODE5MARzZWMDZnAEc2xrA3Ryb3VnaA; 02.05.2009). Diese Kategorien, deren Anzahl auf die enorme Bandbreite des Wissensportals verweist, sind in sich weiter untergliedert.


Dies bedeutet, dass sowohl die Makrostruktur von Yahoo! Clever sehr umfassend ist wie auch die Mikrostruktur, was die beiden zitierten Untergliederungen der beiden aufgezeigten makrostrukturellen Kategorien deutlich werden lassen. Sind diese Bereiche in Rubriken geordnet, so ist es zudem möglich und durchaus intendiert, sich bestimmte Informationen an Hand von durch die Community-Teilnehmer einzugebenden Stichwörtern verfügbar zu machen. Zu diesen Stichwörtern tauchen dann entsprechende, gelöste Fragen mit den jeweiligen Antworten auf. Die Suchwege sind also in zwei verschiedenen Richtungen möglich:


- durch das Aufrufen der jeweiligen, der eigenen Frage idealtypisch am nächsten kommenden zunächst makrostrukturellen, dann mikrostrukturellen Kategorie und/oder


- durch die Eingabe eines gegebenen Stichwortes, zu dem dann gezielt Fragen und Antworten reproduziert werden.


Diese Konzeption von Yahoo! Clever ähnelt durchaus derjenigen einer herkömmlichen Enzyklopädie bzw. eines Konversationslexikons, bei der bzw. dem ja ebenso durch die Recherche entsprechender Stichwörter die jeweiligen Artikel aufgerufen werden. Der Unterschied zu einer herkömmlichen Enzyklopädie bzw. zu einem herkömmlichen Konversationslexikon liegt jedoch darin, dass bei Yahoo! Clever nicht in sich abgerundete Artikel, sondern konkrete Fragen und konkrete Antworten erscheinen, wobei letztere sich im Sinne eines Puzzles – gleichsam atomistisch – zu einem Gesamtbild zusammenfügen. Dennoch ist in der Regel keine Antwort aus sich allein heraus vollständig; jede Antwort ergibt einen weiteren Teilaspekt der aufgeworfenen Frage. Die prinzipielle Höchstzahl der Antworten ist dabei unbegrenzt


Das System des Wissensportals ist so aufgebaut, dass die jeweiligen Teilnehmer durch ein elaboriertes Punktesystem zur Mitarbeit motiviert werden[3].


Auf diese Weise wird der Fortbestand von Yahoo! Clever dauerhaft gesichert: Obwohl es nichts Materielles zu verdienen gibt, wird das Motivationspotential der Teilnehmer voll ausgeschöpft. Somit entsteht eine makrostrukturell immer weiter um sich greifende und mikrostrukturell immer tiefer gehende Bibliothek aktuellen Wissens.



1.2 Bedeutung



Auf der Basis der für Deutschland ermittelten beachtlichen Anzahl an Nutzern, an gestellten Fragen und gegebenen Antworten (vgl. Kap. 1.1) und der Konzeption von Yahoo! Clever ist logisch zwingend ersichtlich, dass dessen Bedeutung zumindest in ihrer Quantität, aber – und auch darauf darf logisch geschlossen werden – auch in ihrer Qualität im Laufe der Zeit weiterhin exponentiell zunehmen wird. Durch das mit Hilfe der aufgebauten Motivationsstärke des Wissensportals entstehende Schneeballsystem von Fragen und Antworten entsteht im Laufe der Zeit eine immer umfangreicher werdende Bibliothek aktuellen Wissens, Der große Vorteil von Yahoo! Clever gegenüber beispielsweise Wikipedia liegt darin, dass bei Yahoo! Clever keinerlei redaktionelle Vorgaben erfüllt werden müssen. Während bei Wikipedia relativ enge stilistische und strukturelle Anforderungen von den Beiträgern erfüllt werden müssen[4], bestehen bei Yahoo! Clever keinerlei Vorgaben dieser Art. Einziges Erfordernis, das von den Teilnehmern erfüllt werden kann, jedoch nicht erfüllt werden muss, ist die Angabe einer Quelle für die gegebene Antwort. Dennoch wird auch dabei toleriert, dass Teilnehmer sich einfach auf die eigene Erfahrung beziehen. Dies bedeutet, dass die Hürde für eine Teilnahme an Yahoo! Clever bewusst niedrig gehalten wird. Auf Grund dieser Konstellation ist eine Schwellenangst potentieller Teilnehmer nicht zu vermuten, die Teilnehme ist einfach, direkt, unmittelbar und von jedermann leistbar, der entweder selbst eine Frage hat oder sich durch eine gestellte Frage zu der Abgabe einer Antwort veranlasst sieht.


Ein Nachteil von Yahoo! Clever liegt in diesem Vorteil begründet: Die Zuverlässigkeit der von den Teilnehmern gegebenen Antworten ist nicht nur nicht immer gegeben, sie ist auch im Einzelfall schwierig zu überprüfen. Dennoch ergibt eine informelle Sichtung entsprechender Fragen eine relativ hohe Ernsthaftigkeit durch die Mehrzahl der Antwortenden, so dass die de facto anzusetzende Zuverlässigkeit der gegebenen Antworten als mehr oder minder zufriedenstellend betrachtet werden kann[5].


Da nicht zu erwarten ist, dass das Motivationspotential von Yahoo! Clever in Zukunft abnehmen wird, ist eine Beendigung dieses Trends in näherer Zukunft nicht absehbar: Menschen werden immer Fragen haben; nicht jeder traut sich, jede Frage in seinem persönlichen Umfeld zu stellen. Durch die systemimmanente Distanz zwischen Fragestellern und Antwortenden wird es somit immer mehr und immer tiefer gehende Fragen geben, solange Yahoo! Clever existiert. Auch wenn gewisse Fragen sich partiell oder auch in toto gleichen, bedeutet dies nicht, dass diese als vollkommene Dubletten zu werten sind, da die gegebenen Antworten jeweils andere sind und in der Regel von jeweils anderen Teilnehmern gegeben werden. Durch die Zeit hindurch lassen sich bei weitgehend identischen Fragen somit sogar mögliche gesellschaftliche Trendwenden oder Modifikationen im Denken und den Einstellungen der Menschen dokumentieren.


Die hier dargestellte Konzeption von Yahoo! Clever somit lässt vermuten, dass dieses Wissensportal auch für die Erlernung interkultureller Zusammenhänge von Bedeutung ist. Dieser Frage soll im folgenden Abschnitt nachgegangen werden.



1.3 Yahoo! Clever und interkulturelles Lernen



Unsere bisher angestellten Überlegungen lassen folgenden Schluss zu: Yahoo! Clever repräsentiert ein inhaltlich breit angelegtes und nicht zuletzt auf Tiefgründigkeit zielendes Wissensportal. Es bezieht sich auf alle vorstellbaren Bereiche des täglichen Lebens und vermittelt Kenntnisse auf den verschiedensten Ebenen potentieller Wissensrepräsentation: vom Alltagswissen über Probleme aus den unterschiedlichsten Wissenschaftsbereichen einschließlich der Naturwissenschaften bis hin zur Philosophie. Yahoo! Clever repräsentiert somit - mit jeder Zeiteinheit seines weiteren Bestehens - ein immer größeres Repertoire enzyklopädischen Wissens. Auf Grund dieser Zusammenhänge kann logisch gefolgert werden, dass es möglich ist, sich mit Yahoo! Clever interkulturelles Wissen anzueignen, also interkulturell zu lernen. Aus diesen Zusammenhängen resultiert unsere Arbeitshypothese:



Yahoo! Clever repräsentiert ein umfangreiches, authentisches und aktuelles Wissensportal, das für die Vermittlung und Erlernung interkultureller Zusammenhänge mit der deutschen Kultur als Zielkultur genutzt werden kann. Für Lerner des Deutschen als Fremdsprache stellt es eine umfassende Informationsquelle sowohl für das Selbststudium wie auch für Lehrer zur Nutzung im Unterricht dar. Wissensportale wie Yahoo! Clever bieten somit wertvolle Zusatzmaterialien zum Lehrwerk und der durch dieses bereitgestellten Infrastruktur.



Diese Arbeitshypothese soll im Folgenden überprüft werden.


Zunächst wollen wir uns jedoch mit dem Begriff interkulturelles Lernen befassen.



2 Der Begriff interkulturelles Lernen



2.1 Definition



Der Begriff interkulturelles Lernen ist in der Fremdsprachendidaktik ein recht schillernder[6] . Er existiert nicht nur in unterschiedlicher Ausprägung und jeweils verschiedenartiger Füllung, sondern zudem auch in bisweilen stark voneinander abweichenden Konturierungen[7]. Diese schlechte Fassbarkeit[8], die dem Begriff selbst und dem ihm unterliegenden Konzept in der Vergangenheit nicht gerade von Nutzen gewesen ist, was bis zu seiner – wie provokativ auch immer gemeinten - Infragestellung geführt hat (vgl. z.B. Edmondson / House (1998)), soll im vorliegenden Zusammenhang zwar durchaus im Blick behalten werden, nachgezeichnet werden kann sie in dem vorliegenden begrenzten Rahmen hingegen nicht. Wir wollen uns hier vielmehr auf zwei Definitionen beschränken, die einander ergänzen und die den Begriff in verständlicher und wissenschaftstheoretisch handhabbarer Art und Weise präsentieren. Unsere erste Definition zeichnet sich durch einen umfassenden Charakter aus und versucht, den Begriff auf möglichst breite Art und Weise zu erfassen.



Der Begriff des interkulturellen Lernens lässt sich (...) als ‹Zentralbegriff› (...) für jenen Prozess verstehen, der ausgehend von Situationen kultureller Begegnung oder entsprechenden Bildungsarrangements zu interkultureller Kompetenz als der dauerhaften Fähigkeit zur erfolgreichen und kultursensitiven Interaktion mit Angehörigen anderer Kulturen führt. Berücksichtigt werden also neben bewusst herbeigeführten Bildungsprozessen auch solche informeller und beiläufiger Art. Problematisch dabei ist nicht nur die Bewältigung der Konfrontation mit Unbekanntem, sondern auch die Einordnung, Interpretation und Bewertung des Fremden gemäß der eigenkulturellen Erwartungsstrukturen (Kulturzentrismus).


(http://lernundenter.com/links/kultur/lernen.htm; 02.05.2009)



Von Bedeutung an dieser Definition ist zunächst das Faktum, dass sie Situationen kultureller Begegnung erfasst, die ungesteuert zustande kommen, die jedoch auch in Bildungsarrangements herbeigeführt werden können. Sie zielt ab auf die jeweils erfolgreiche Interaktion mit Angehörigen anderer Kulturen und beinhaltet zudem den Aspekt der Kultursensitivität. Bedeutsam ist ebenfalls die Ausbildung der dauerhaften Fähigkeit zu dieser Interaktion. Interkulturelles Lernen zielt somit nicht ab auf einzelne, mehr oder minder zufällige Erfolgserlebnisse zwischen den Kulturen, sondern auf die Vermittlung dieser Fähigkeit, die durch die Zeit hindurch bestehen bleibt. Von Bedeutung ist ebenfalls die Hervorhebung der Konfrontation mit Unbekanntem, die gemeinhin mit dem Begriff „Kulturschock“ umschrieben werden kann, zum einen als auch - nicht weniger wichtig – die Integration des Fremden auf der Vergleichsfolie der eigenen Kultur. Mit diesem letzten Gesichtspunkt berücksichtigt die Definition einen zentralen Aspekt des interkulturellen Lernens: die über die reine Landeskunde[9] – also eher das Faktenwissen über das Land oder die Länder der Zielsprache - hinausgehende Auseinandersetzung mit dem Anderen, dem Fremden und die daraus resultierende Verhaltensänderung und Einstellungsmodifikation gegenüber der jeweils anderen Kultur, aber auch gegenüber der eigenen Kultur der Lernenden.


Die folgende Definition zeichnet sich im Unterschied zu unserer ersten Definition durch eine hohe Spezifik aus, wie auch durch eine Beschränkung des Potentials interkulturellen Lernens



Der Begriff [des interkulturellen Lernens; T.T.] bezeichnet im Zusammenhang mit dem Fremdsprachenunterricht die Aneignung und den Gebrauch von fremdsprachlichem Material und fremdkulturellen Konzepten, wobei dies jeweils in Situationen geschieht, in denen Vertreter unterschiedlicher Sprach- und Kulturgemeinschaften mit dem Ziel des Lernens interagieren. (Königs 1994, 102)



In dieser Definition wird interkulturelles Lernen auf Situationen der Begegnung von Vertretern unterschiedlicher Sprach- und Kulturgemeinschaften beschränkt. Interkulturelles Lernen kann auf dem Hintergrund dieser Definition beispielsweise nicht durch Lehrwerke, nicht mit Hilfe von Kompendien erfolgen. Es setzt vielmehr die persönliche Begegnung von Menschen - von Individuen - voraus. Diese Definition mag als zu eng kritisiert werden, denn interkulturelles Lernen ist durchaus ohne die Begegnung physisch existenter Menschen möglich. Es kann durch die Rezeption von Literatur, von Musik, von Kunst im Allgemeinen geschehen; es kann in begrenztem Umfang auch durch die Aneignung geschichtlicher Zusammenhänge vonstatten gehen - also durchaus in solchen Situationen, in denen die physische Präsenz von Individuen nicht zwingend erforderlich ist. Dennoch können wir davon ausgehen, dass dann, wenn Menschen in direkter Interaktion miteinander umgehen, die Chance zu lebendigem interkulturellen Lernen vergleichsweise am größten ist. Das Authentizitätspotential dieser speziellen Form interkulturellen Lernens durch direkte Interaktion ist zweifelsohne am höchsten.


Wir wollen hier durchaus von dieser zweiten Definition ausgehen und diese in den Geltungsbereich der ersten von uns zitierten Definition einbetten. Von Bedeutung ist in diesem Zusammenhang, dass interkulturelles Lernen durch den Umgang von Menschen miteinander durchaus als diejenige Form zugrunde gelegt werden kann, die das Verstehen von Andersartigkeit am zuverlässigsten ermöglicht und bei der die Entstehung von Stereotypen und Vorurteilen am wenigsten Chancen hat. Es ist dies eine starke Ausprägung der Definition interkulturellen Lernens. Die direkte Interaktion wollen wir dabei nicht nur auf persönliche Gespräche beschränken, sondern auch auf schriftliche Kommunikation, wie sie in Briefen, E-Mails Internet-Chats oder auch in Kommunikationsformen, wie Yahoo! Clever sie darstellt, vonstatten geht. Es wird somit zu zeigen sein, dass interkulturelles Lernen mit Hilfe von Yahoo! Clever in direkter Interaktion - in diesem Falle eines Frage-Antwort-Austausches zwischen Individuen – möglich ist und dass dies auf authentische Art und Weise und in großer Nähe zu der Lebenswirklichkeit der interagierenden Individuen geschieht.


Dabei wollen wir jedoch nicht bei diesem Verständnis von interkulturellem Lernen stehen bleiben, sondern noch einen Schritt weiter gehen.



2.2 Kontrastives vs. komparatives interkulturelles Lernen



In Erweiterung und Differenzierung der soeben von uns für den Begriff interkulturelles Lernen ausgewählten und analysierten Definitionen wollen wir die folgende Unterscheidung vornehmen.


Interkulturelles Lernen, das primär auf die Unterschiede zwischen der Ausgangs- und der Zielkultur abzielt bzw. das primär in diesen Unterschieden resultiert, sei hier kontrastives interkulturelles Lernen genannt. Dieser Typ interkulturellen Lernens ist in der Vermittlungspraxis – also im Fremdsprachenunterricht – wie auch in der Erfahrungswelt von Fremdsprachenlernern der dominante: Wir nehmen eher das wahr, was zwischen zwei Kulturen unterschiedlich ist, als dasjenige, was sehr ähnlich oder identisch ist. Ebenso wird im Unterricht im Allgemeinen eher auf die Vermittlung interkultureller Unterschiede abgezielt als auf die Vermittlung interkulturell identischer oder ähnlicher Faktoren.


Diese Erfahrung des Gleichen oder Ähnlichen wird jedoch auch gemacht. Sie kann daher nicht nur nicht als inexistent abgetan werden, sondern ist im Gegenteil äußerst wertvoll, da sie die andere Kultur weniger fremd erscheinen lässt. Diese Erfahrung des interkulturell Gleichen oder Ähnlichen bzw. ihre Vermittlung im Fremdsprachenunterricht wollen wir hier mit dem Begriff komparatives interkulturelles Lernen belegen. Komparatives interkulturelles Lernen findet nicht im Sinne eines Kontrastes statt – also eines Vergleichs zweiter Ordnung mit dem Ziel der Feststellung von Unterschieden -, sondern lediglich auf der Basis eines Vergleichs erster Ordnung - deswegen das Adjektiv komparativ -, im Zuge dessen die Ähnlichkeit oder Gleichheit festgestellt wird. Eine weitere inhaltliche Analyse ist bei diesen Elementen – im Unterschied zu denjenigen, die als Kontraste empfunden werden - in aller Regel nicht notwendig.


Interkulturelles Lernen sollte im Idealfall aus einer Verbindung von komparativem und kontrastivem Lernen bestehen. Nur durch die Kombination beider Ansätze ist es möglich, die fremde Kultur aus allen denkbaren Perspektiven und unter Berücksichtigung aller relevanten Faktoren kennen zu lernen. Nur auf der Basis dieser Kombination kann eine Vertrautheit mit der anderen Kultur geschaffen werden, die erst die Voraussetzungen dafür schafft, bei den Lernern einen Kulturschock zu vermeiden – oder zu verringern - und sich der anderen Kultur gegenüber somit nicht zu sperren. Nur die Kombination beider Ansätze führt somit zu umfassendem, fruchtbarem und nicht zuletzt freudvollem interkulturellen Lernen.


Diese Unterscheidung, die bisher nicht vorgenommen worden ist, ermöglicht eine eindeutigere und konsistentere Analyse interkultureller Phänomene, als dies auf der Basis des nicht differenzierten interkulturellen Lernbegriffs möglich ist. Sowohl das kontrastive interkulturelle Lernen als auch das komparative interkulturelle Lernen können dabei in Abhängigkeit von Ausgangs- und Zielkultur weiter untergliedert werden, so dass sich daraus ein wohl definiertes Profil interkulturellen Lernens bzw. interkultureller Lerninhalte ergibt. Eine solche Differenzierung ermöglicht es den Lernenden, interaktiv gezielter in die fremde Kultur einzutauchen; den Lehrenden ermöglicht sie eine effizientere Erstellung entsprechender Curricula wie auch die Integration interkulturell relevanter Inhalte in ihren Unterricht; den Schulbuchverlagen ermöglicht sie eine effizientere Erstellung interkulturell ausgerichteter Lehrwerke.


Im Folgenden wollen wir uns an Hand von Beispielen beiden hier ausgegrenzten Typen interkulturellen Lernens widmen, wobei dem kontrastiven interkulturellen Lernen auf Grund seiner größeren Bedeutung in der Praxis auch hier Priorität eingeräumt wird.



3 Interkulturelles Lernen mittels Yahoo! Clever



Für die Exemplifizierung des interkulturellen Lernpotentials von Yahoo! Clever wählen wir im vorliegenden Zusammenhang die chinesische Kultur – namentlich Taiwan – aus. Yahoo! Clever kann jedoch für den Unterricht Deutsch als Fremdsprache prinzipiell auf jede Zielkultur bezogen werden.




3.1 Komparatives interkulturelles Lernen – am Beispiel „Geld“



Um aufzuzeigen, wie taiwanische Studierende in komparativer Stoßrichtung zu interkulturellen Erkenntnissen und Erfahrungen über Deutschland gelangen können, wählen wir das Beispiel ‚Geld’. Dieses Beispiel bietet sich an, da Taiwan und Deutschland kapitalistische Systeme darstellen. Aus diesem Grunde ist anzunehmen, dass die Einstellung der Menschen zum Geld hier und dort mehr oder minder vergleichbar ist. Komparatives interkulturelles Lernen sollte daher an Hand dieses Beispiels möglich sein.


Unter den Stichworten Geld und Stellenwert kommt unter anderem die folgende gelöste Frage mit den entsprechenden Antworten auf[10]:



Beispiel[11] (1):



Warum wird der stellenwert des geldes so hoch gesetzt?



Der mensch an sich wird mehr und mehr in den hindergrund gesetzt (Hermann)


Beste Antwort - Ausgewählt vom Fragesteller


Wer viel Geld hat kann sich alles kaufen und alles machen was man will - was wiederum zu Statussymbolen führt, was wiederum zu Macht führt und man gesehen wird, was viele wollen. (Julia)


(...)


Weitere Antworten



Weil Geld in unserer Gesellschaft "leider" die soziale Zuordnung des Menschen bestimmt. Wer wenig Geld hat, also arm ist, hat in unserer Gesellschaft nur wenig Chancen. Besonders betrifft dies die Kinder in der Schule und in der Berufsbildung. (ichbinich)



tja, leider ist es in deutschland so. in den südlichen ländern zählt die familie,aber hier muss man zeigen was man hat. sonst bist du nichts. mein sohn hatte bis vor einigen jahren keine playstation,auch keine freunde. ich habe im eine gekauft und jetzt hat er nur noch freunde. wenn du nichts hast, biste nichts. das ist die gesellschafft in deutschland. toll!!!dagegen kann man leider nicht viel machen. viele grüße (zuckerschnut 50)



Der Stellenwert des Geldes wird deshalb so hoch angesetzt, weil die Kriterien der Anerkennung in Kapitalistischen Systemen eben Geld als Stärke angesehen wird.
Mit Geld ist es leichter zu leben,
mit Geld findest man leichter Anerkennung,
mit Geld ist man für andere Menschen interessant,
mit Geld ist man einflussreicher,
mit Geld hat man Macht und Stärke, sogar mehr Rechte,
mit Geld setzt man Maßstäbe.
So in Kapitalistischen Gesellschaftsystemen.


Die Nebenwirkungen sind:
Geld erzeugt Mißtrauen,
Geld erzeugt Neid und Mißgunst,
Geld will man erhalten, mit allen erdenklichen Mitteln, auch auf Kosten der Mitmenschen und potenziellen Neugeborenen.
Egal, hauptsache Annerkennung und Liebe.
Man bekommt es, wenn man Geld hat.
Sie wollen mitbestimmen, sie wollen, das man ihnen zuhört, sie wollen mitspielen?
Dürfen sie, aber es ist nicht umsonst.
Sie wollen mit einem Partner zusammenleben, der für sie sorgt, der Ihnen einen Traumhaus baut, schicke Klamotten kauft, regelmässig mit Ihnen Essen geht, 3* im Jahr Urlaub muss auch sein, und ein Auto, natürlich, aber was wertvolleres wie der Nachbar.
Kostet Geld. Aber nur dann ist ein Partner wertvoll, und nur dann bekommt man Anerkennung, Zuneigung usw.
Und wer kein Geld hat? Sorry, Game over.
Die jeweiligen eigenen Ansprüche der Mitglieder einer kapitalistischen Gesellschaft machen den Stellenwert, und die Gesellschaft hat die Entscheidung getroffen: Geld ist wertvoller als der Mensch.
Solange eine Gesellschaft Privilegien nur für "wertvolle" Menschen zurechtlegt, solange werden Menschen dafür kämpfen, "wertvoll" zu werden oder "wertvoll" zu bleiben, um in den Genuss der Privilegien zu gelangen.
Und diejenigen, die "wertvoll" sind, werden niemals Interesse haben, dass weitere "wertvoll" werden.
Wer hat schon gerne Konkurrenz?
Ich selber habe auch die Erfahrung an Orten gemacht, wo Geld keine wesentliche Rolle gespielt hat.
Es war nicht so bequem wie hier, aber als Mensch war man wertvoll. (HolgerL)





(http://de.answers.yahoo.com/question/index;_ylt=AliqILVvCH_6DlF9.RUM808xCgx.;_ylv=3?qid=20060623102129AAPdsEF; Stichworte: Geld, Stellenwert, 02.05.2009; Unterstreichungen; T.T.)



Es wird nunmehr zu untersuchen sein, welche interkulturellen Kenntnisse taiwanische Lernende sich auf der Basis dieser Frage und Antworten aneignen können. Dabei ist unschwer zu erkennen, dass sich in den gegebenen Antworten viele der für Deutsche typischen Einstellungen zum Geld widerspiegeln. Im Verweis auf das zitierte Beispiel seien hier lediglich angeführt: die Rolle des Geldes als Statussymbol, als Machtfaktor, als eine Möglichkeit der sozialen Zuordnung von Menschen, als Mittel der Anerkennung, des Einflusses, von Macht und Stärke, ggf. von mehr Rechten, von Anerkennung und Liebe, und der Mangel an Geld als Ursache von Misstrauen, Neid und Missgunst. Diese Einstellungen zum Geld werden hier auf sehr natürliche Art und Weise dargebracht – in authentischer Form und weitgehend ohne die Generierung von Stereotypen oder Vorurteilen[12]. Es vermittelt sich dem Rezipienten hier der Eindruck, dass betroffene Menschen – also sowohl solche, die über viel Geld verfügen, als auch solche, die wenig oder kein Geld haben – zu Wort kommen und ihre Einstellungen dokumentieren. Dies geschieht in einer Form, die durch die Betroffenheit der sich hier artikulierenden Menschen eine Unmittelbarkeit erzeugt, wie sie in anderen Lernmedien - wie beispielsweise dem Lehrbuch - niemals zu Tage treten könnte.


Im Folgenden ist nun zu untersuchen, ob das sich hier abzeichnende Lernpotential sich ebenfalls für die Stossrichtung des kontrastiven interkulturellen Lernens dokumentieren lässt.





3.2 Kontrastives interkuturelles Lernen



Da, wie in Kap 2.2 erwähnt, das kontrastive interkulturelle Lernen in aller Regel frequenter ist als das komparative interkulturelle Lernen, wollen wir uns hier mit zwei Beispielen beschäftigen. Diese beziehen sich auf die Bereiche Familie und Umweltschutz.



3.2.1 Das Beispiel "Familie"



Da sich die Familienstrukturen in Deutschland in den vergangenen zwanzig Jahren erheblich verändert haben und sich aller Wahrscheinlichkeit nach in Zukunft weiterhin verändern werden (vgl. hierzu auch Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung 2008: 40ff), besteht in diesem Themenfeld ein Potential für die Vermittlung kontrastiven interkulturellen Lernens. Die bisher vonstatten gegangenen Veränderungen wie auch mögliche Veränderungen in der Zukunft werden in der Frage und den Antworten des nachstehend zitierten Beispiels beschrieben:



Beispiel (2):


Wie soll die neue Form der Familie aussehen? Ständige Scheidungen.. Wie&Wo sollen die Kinder aufwachsen?


man sieht, dass die Heirat/gemeinsames Familienleben-Mann, Frau, Kinder im gemeinsamen Haushalt- nicht mehr so funktioniert, wie früher?. Gesellschaftsform/lLebebensweise alles ändert sich, wie soll die Familien-Struktur in Zukunft aussehen? Was ist das Beste für die Kinder? (teab34)








Beste Antwort - Ausgewählt vom Fragesteller


Die Patchworkfamilie wird wohl das Modell der Zukunft werden. Das beste für die Kinder ist, dass sie in einem Umfeld aufwachsen, das von Liebe geprägt ist. Erfordert viel Flexibilität und Toleranz von allen Seiten, aber ist besser, als den Kindern "zu deren Wohle" eine intakte Ehe vorzuspielen...



Quelle(n):


Selbst "Opfer" von Eltern, die der Kinder wegen zusammen geblieben sind, obwohl sie sich 20 Jahre lang gehasst haben. (Apfelbaum)




Weitere Antworten


Gibt es eigentlich noch die Familie im alten Sinne ?Der Staat muss extra Geld bezahlen das jemand nach der Geburt fürs Kind zuständig ist.So früh wie möglich in den Hort,die Ganztagsschule, so wenig Belastung wie möglich .
Mutter muss bis nachts auch Samstags und etliche Male auch Sonntags im Supermarkt an der Kasse sitzen,wo bleibt Familie?Unsere Jugend zu Einzelkämpfer erzogen die meisten sich selbst überlassen 30 Prozent ohne Berufsausbildung in jungen Jahren schon im und am Leben gescheitert.Was das Beste für die Kinder wäre wie es immer war eine Person die da ist wenn das Kind nach Hause kommt ,dem es sich mitteilen kann und Ihm sagt schön das Du da bist ! Das dies in unseren Zeiten immer schwieriger wird ist mir auch klar,nur wundern wir uns nicht das immer mehr Eltern im Altenheim landen und dann auch meist ohne Besuch der Kinder,weil diese dann Ihr Leben verwirklichen und auch keine Zeit haben. (Dietmar)






Am besten ist eine Partnerschaft auf
Miete (Tage oder Monate) oder besser Leasing Basis. (2-5 Jahre)


So wie bei einem Auto hat man dann immer nach Ablauf der Vertagszeit einen neuen Partner.


So kann man Leasen auf 2 Jahre oder auch länger.


Gefällt das Modell nicht kann man auch zwischendurch in seiner Klasse wechseln.
Für Kinder wird ein Sondervertrag gemacht.
So sind alle zufrieden und Glücklich.
So bleiben die hohen Scheidungskosten erspart.
Leasing und immer was Neues ist eh im Trend.
Scheidungsanwälte und Familiengerichte müssen sich dann was anderes suchen um abkassieren zu können.
Beste Grüße (_-_)



Die Familienstruktur wird sich dem Zeitgeist anpassen. Gott sei dank muss ich später nicht die Hausfrau spielen, wenn ich es nicht möchte.
Ich denke, den Kindern wird es weiterhin gut gehen, auch wenn sie anders aufwachsen, als jetzt vielleicht du oder sonst wer.
LG (Pünktchen)


(…)


(http://de.answers.yahoo.com/question/index;_ylt=AsMTEJn0Na4cfvaQ2naplBsxCgx.;_ylv=3?qid=20080302061735AAO5QrZ; Stichwort: Familie, 03.05.2009; Unterstreichungen; T.T.)




Diese Frage nach der Familienstruktur der Zukunft evoziert Antworten, die für das interkulturelle Verständnis Deutschlands von Bedeutung sind. An Fakten, die von den Studierenden im Unterricht Deutsch als Fremdsprache zu reflektieren sind, ergeben sich hier im Wesentlichen die folgenden:


- Die Familie der Zukunft als Patchwork-Familie – also als Fortsetzungsfamilie, in der mindestens einer der Partner bereits verheiratet war, Kinder hat und diese Kinder in die neue Familie einbringt. Der Patchwork-Familie wird von der Antwortenden (vgl. Apfelbaum) eine hohe Notwendigkeit zu Flexibilität und Toleranz zugeschrieben.


- Dass die Familienstruktur in Deutschland nichts Beständiges, sondern dem ständigen Wandel unterworfen ist, zeigt sich in der Einschätzung, dass die Familienstruktur sich dem „Zeitgeist“ anpassen werde. Der Zeitgeist – ein typisch deutscher Begriff[13], der die Trends und gesellschaftlichen Strömungen einer gegebenen Periode beschreibt - ist per definitionem etwas im Wandel Begriffenes. Familie wird diesem Zeitgeist gleichgesetzt, also ebenfalls als ein sich stetig veränderndes Phänomen betrachtet.


- Eine Partnerschaft auf „Leasingbasis“, die jeweils zwei bis fünf Jahre halten soll, wird von einem weiteren Antwortenden postuliert. Dass diese Einschätzung so unrealistisch nicht ist, zeigt sich darin, dass eine deutsche Politikerin unlängst eine ähnliche Idee hatte (vgl. FOCUS Online 2007). Diese Idee lässt in besonderer Weise die mangelnde Beständigkeit der deutschen Familie zum Ausdruck kommen und spiegelt die Realität durchaus realistisch wider, denn die Scheidungshäufigkeit steigt bei deutschen Ehen zwischen dem zweiten und dem sechsten Jahr stark an (vgl. BMI 2008).


- Die Einstellung zu Kindern wird in der nächsten Antwort deutlich (vgl. Dietmar), in der auf den Hort und die Ganztagsschule Bezug genommen und realistisch eingeschätzt wird, dass Familie – gerade für Frauen - so wenig Belastung wie möglich darstellen soll.


Den auf die – hier willkürlich herausgegriffene - Frage gegebenen Antworten haftet ein erstaunlicher Realismus in der Einschätzung des Wertewandels hinsichtlich der Institution Familie an. Wenn diese Frage und die gegebenen Antworten hier auch nicht als repräsentativ gewertet werden können, so spiegeln sie doch die Situation wider, in der sich die deutsche Gesellschaft gegenwärtig befindet: Sie reflektieren Einstellungen, die heutzutage artikuliert und praktisch gelebt werden.


Es ergeben sich hier zur Situation der taiwanischen Familie erhebliche Unterschiede – Unterschiede hinsichtlich der Beständigkeit, Unterschiede hinsichtlich der Behandlung der Kinder, Unterschiede hinsichtlich der Verteilung von Zukunftschancen für die Kinder und auch Unterschiede hinsichtlich des Verständnisses der Geschlechter und ihrer jeweiligen Rollen. Das Begreifen, das intellektuelle Verstehen dieser Unterschiede zwischen beiden Ländern stellt eine wichtige Basis für die Erfassung deutscher gesellschaftlicher Phänomene durch taiwanische Lerner des Deutschen als Fremdsprache dar. Wir kommen nun zu unserem nächsten Beispiel, das dem Bereich Hochzeit bzw. Hochzeitsgeschenk gewidmet ist.



3.2.2 Das Beispiel "Hochzeitsgeschenk“



Im Bereich der Sitten und Gebräuche stellt die Frage, welche Geschenke einem Brautpaar gemacht werden können, einen wichtigen Unterschied zwischen Taiwan und Deutschland dar. Während die Gäste einer Hochzeitsfeier oder eines Hochzeitsbanketts in Taiwan keinerlei Problem haben, ein Geschenk zu finden, weil sie einfach einen entsprechend dotierten roten Umschlag überreichen, sehen sich die Gäste in Deutschland vor zuweilen erhebliche Probleme gestellt: Entweder sie sehen sich gezwungen, einer vom Hochzeitspaar ausgegebenen Geschenkeliste zu folgen, oder sie müssen ihrer eigenen Kreativität freien Lauf lassen und ein entsprechendes Geschenk finden. Geldgeschenke zur Hochzeit sind in Deutschland zwar nicht inexistent, jedoch (noch) recht ungewöhnlich. Auf dem Hintergrund dieser Zusammenhänge ist die Frage zu sehen, wie ein Brautpaar den Wunsch nach Bargeld am besten ausdrücken kann – ein Ansinnen, das in Deutschland der Rechtfertigung bedarf.



Beispiel (3):



Hochzeitseinladung. Wie formuliert man am besten das man sich Bargeld wünscht?


Hallo. Ich muss meinem besten Freund bei seinen Hochzeitseinladungen helfen. Er und seine Freundin leben schon seit längerem zusammen und haben somit den ganzen Hausrat schon. Also würden die beiden sich am liebsten Bargeld von den Gästen als Geschenk wünschen, um für ein Auto zu sparen.
Wie kann man sowas in einer Einladung formulieren ohne gleich mit der Tür ins Haus zu fallen? (bodo182)





Beste Antwort - Ausgewählt durch Abstimmung


..über geldgeschenke würden wir uns sehr freuen ....
Gruß
Joe (Joe) (...)



Weitere Antworten:


In dem du den Herzenswunsch der Hochzeitspaare erwähnst !!
Jeder wird Verständnis zeigen und denoch wird keiner mit dem ganzen Auto auftauchen.
Begründe es mit einer vorangegangen Idee einer Gruppe und alle anderen sollten sich doch daran Beteiligen wie sie können! (Dani S) (...)



5 Toaster? 3 Bügelbretter? 6 Tortenplatten? Nein danke. Bitte, lasst uns entscheiden, was wir wirklich brauchen. Für die Unterstützung unserer geplanten Investitionen bedanken wir uns schon ganz herzlich im Voraus: (woko51)



Aber warum denn nicht "mit der Tür ins Haus fallen" - wenns nett formuliert ist.
Da alle die uns kennen und mögen wissen, dass wir unser Hausstand komplett ist (durch unser langes zusammenleben unser Bedarf an Eierkochern, Toastern und Personenwaagen gedeckt ist) - und wir nun auf unser Traumauto sparen, würden wir uns ganz besonders über jede noch so kleine Beihilfe daran von euch freuen. (balou) (...)



Warum um den heißen Brei reden.
Vorschlag für den Text in der Hochzeitseinladung:
Liebe Hochzeitsgäste,
wer hat nicht selbst bereits erlebt, dass ihm/ihr gleich von mehreren lieben Menschen das gleiche oder ähnliche Geschenk überreicht wird?
Als Hochzeiter hat man doch verständlicher Weise andere Pläne, als nach dem schönsten Tag im Leben gleich doppelt oder dreifach überreichte Geschenke zu tauschen und damit vielleicht manchen Gast, der es wirklich gut gemeint hat, eine Enttäuschung zu bereiten. (...)
Also ich formuliere es immer als Bitte um eine Spende für Erfüllung der Wünsche. (Und diese dann auch Benennen.)
Das ist relativ neutral, man fällt nicht direkt mit der Tür ins Haus und doch versteht es jeder. (emmerelle) (...)


(http://de.answers.yahoo.com/question/index;_ylt=AiHlNcU4pnyEzSBSAAQcP2ExCgx.;_ylv=3?qid=20080122133829AAzJip7; Stichwort: Hochzeit; 03.05.2009; Unterstreichungen; T.T.)



Die gegebenen Antworten variieren von der konkreten Benennung des Wunsches nach Geldgeschenken über die Erwähnung des Herzenswunsches des Brautpaares (sich ein Auto zu kaufen) über konkrete Textvorschläge bis hin zu der Möglichkeit, den Wunsch des Brautpaares vorbehaltlos zu benennen, bzw. die Geldgeschenke als Spenden zu deklarieren. Interkulturell von Bedeutung sind die erwähnten Probleme, dass das gleiche Geschenk mehrfach auftreten kann und dass diese Geschenke dann umgetauscht werden müssen - dabei stellen die erwähnten fünf Toaster, drei Bügelbretter und sechs Tortenplatten keineswegs eine Übertreibung dar.


In diesen Antworten der Yahoo! Clever-Teilnehmer stecken die zentralen Gesichtspunkte der „Philosophie“ der deutschen Hochzeitsgeschenke. Wünscht man sich Geld als Geschenk, muss dies explizit formuliert werden. Ansonsten bekommt man konkrete Produkte. Formuliert man den Wunsch nach Geldgeschenken jedoch, läuft man Gefahr, die Schenkenden zu beleidigen, bzw. von ihnen kritisch betrachtet zu werden. Es liegt hierin ein Grunddilemma kultureller Verständigung: Die Geschenke, die die Gäste machen werden, sind für das Brautpaar weitgehend nutzlos; mit dem Wunsch nach dem für das Brautpaar nützlichsten Geschenk – Geld – eckt es bei seinen Gästen an. Diese Situation stellt sich in Taiwan ungleich funktionaler dar: Hier werden Geldgeschenke von Brautpaar erwartet und von den Hochzeitsgästen bereitwillig gemacht, da Geldgeschenke ihnen viel Zeit und Mühe ersparen, weil keine entsprechenden Produkte in langwieriger Sucharbeit ausgewählt werden müssen.


In den in Yahoo! Clever gegebenen Antworten spiegelt sich somit dieser Aspekt deutscher Kultur in adäquater Form wider. Dieser Befund ist umso bezeichnender, als die gegebenen Antworten insgesamt recht kurz sind. Was in einem Lehrbuch mit Hilfe eines umständlichen Sachtextes oder eines mit großer Wahrscheinlichkeit künstlich klingenden Dialoges an kultureller Information übermittelt werden müsste, wird hier in Kürze und Prägnanz, inhaltlicher Funktionalität und Authentizität wiedergegeben. Dies bedeutet nichts Anderes, als dass die Texte von Yahoo! Clever bisweilen hervorragende Primärinformationen liefern – Informationen gleichsam aus erster Hand -, die für Studierende des Deutschen in interkultureller Perspektive von hohem Wert sein können.


Es konnte gezeigt werden, dass es durchaus möglich ist, mit Wissensportalen wie Yahoo! Clever interkulturelles Lernen zu fördern. Dies ist allein dadurch möglich, dass die dort aufgeworfenen Fragen und die dazu gegebenen Antworten im Unterricht diskutiert werden (vgl. auch Kap. 4.2) und die Lernenden dadurch für sie sensibilisiert und zu einer Relativierung ihres eigenen Standpunktes angeregt werden. Für fortgeschrittene, interkulturell sensibilisierte Lerner ist es dabei im Übrigen ebenso möglich, diesen Schritt in Richtung auf eine gesteigerte interkulturelle Kompetenz unabhängig vom Fremdsprachenunterricht – gleichsam im Selbststudium – zu tun. Im Folgenden wird zu zeigen sein, wie es möglich ist, die Studierenden aktiv an diesem Wissensportal zu beteiligen und damit ihr Engagement und ihre eigene Involviertheit in die aufgeworfenen Fragen noch weiter zu steigern.



4 Aktive Teilnahme der Studierenden an Yahoo! Clever



4.1 Das Posten von Fragen



Wie alle Internet-Services ist auch Yahoo! Clever weltweit zugänglich. Dies bedeutet, dass es natürlich möglich ist, auch aus dem Ausland Fragen zu stellen, solange dies auf Deutsch geschieht. Die einzige Voraussetzung, der es bedarf, um aktiv an diesem Wissensportal teilzunehmen, ist es, sich anzumelden und sich auf der Basis einer gültigen E-Mail-Adresse registrieren zu lassen. Der Service ist kostenlos; es kann direkt nach der Anmeldung mit dem Stellen – dem Posten - von Fragen begonnen werden. Bereits hier sei darauf hingewiesen, dass sich im Unterricht für die aktive Verwendung von Yahoo! Clever prinzipiell zwei Möglichkeiten ergeben: Es kann mit dem gesamten Sprachkurs eine Frage erarbeitet und dann gepostet werden, oder Studierende können dies individuell für sich tun.


Im Folgenden soll dieses Potential der aktiven Teilnahme ausländischer Deutschlerner und Deutschstudenten – sowohl vom Ausland aus als auch im Rahmen von in Deutschland abgehaltenen DaF-Kursen - an Hand einer Frage exemplifiziert werden, die so gehalten ist, dass sie durchaus auch von chinesischen bzw. taiwanischen Studierenden hätte gestellt werden können.



Beispiel (4)


Welche hauptsächlichen kulturellen Unterschiede bestehen zwischen Chinesen und Deutschen?


Die 20jährige Tochter eines chinesischen Freundes geht ab April als Deutsch-Studentin für ein bis drei Semester nach Deutschland. Sie war noch nie in Deutschland und ist sehr unsicher, wie sie sich richtig verhalten soll. Sie will nicht anecken und auch möglichst schnell Anschluss finden. Sie will vor allem nicht durch irgendwelche Fehltritte negativ auffallen. Ich habe ihr schon einige Tipps gegeben, aber mit Sicherheit nicht an alles gedacht. Zudem bin ich selbst schon einige Jahre aus Deutschland weg und nicht mehr auf dem aktuellsten Stand. Könnt Ihr mir bitte ein paar Hinweise geben, was ich ihr raten kann - und zwar für das Leben in ihrer Gastfamilie, an der Uni, in den Kursen, im Umgang mit den anderen Studenten, auf Parties, in Restaurants, im öffentlichen Leben und ganz allgemein. Ich freue mich auf eure Hinweise. Vielen Dank! (Willi)


(http://de.answers.yahoo.com/question/index;_ylt=AmKSaSey6zxJ5_NOzkJL96wxCgx.;_ylv=3?qid=20080326045835AAjh05r; Stichwort: Chinesen, Deutsche; 03.05.2009)



Eine Frage wie die vorliegende nach den hauptsächlichen kulturellen Unterschieden zwischen Chinesen und Deutschen können chinesische oder taiwanische Deutschstudierende ebenso stellen. Sie können dies in allgemeiner Form tun, wie hier, wo generell nach Unterschieden gefragt wird, oder auch in spezifizierterer Form, indem sie ausgewählte Themenbereiche ansprechen, ähnlich denjenigen, die wir in Kap. 3 exemplifiziert haben. Auf diese Weise ist es ausländischen Lernern möglich, direkt an dem Diskurs zu partizipieren, der in diesem Wissensportal in Deutschland gerade abläuft. Sollten sie versehentlich solche Fragen stellen, die nicht up to date sind, wird ihnen dies von der Yahoo! Clever-Community mitgeteilt werden. Sollten sie falsche Vorstellungen oder unrealistische Eindrücke von der deutschen Kultur haben, wird die Yahoo! Clever-Community diese ebenfalls korrigieren. Dies bedeutet, dass Lerner des Deutschen als Fremdsprache in der beschriebenen Weise in authentischer Form, in echter Kommunikation, in Realzeit und mit thematischer Relevanz am geistigen Leben in Deutschland teilnehmen können. Hier liegt eine Chance besonders für den im Ausland angesiedelten Unterricht Deutsch als Fremdsprache, die unbedingt genutzt werden sollte. Da es höchst unwahrscheinlich ist, dass Fragen, die in Yahoo! Clever gestellt werden, vollkommen ignoriert werden, sind zumindest einige Antworten zu jeder Frage erwartbar, was die Motivation der Lernenden steigert. Im vorliegenden Fall haben sich für die gestellte Frage die folgenden fünf Antworten ergeben:



Beste Antwort - Ausgewählt durch Abstimmung


Da sowohl in China als auch in Deutschland die Amerikanisierung immer mehr Einzug hält, denke ich, werden die Unterschiede im täglichen Leben, besonders unter jungen Leuten immer geringer. Die gleichen Klamotten, die gleiche Musik, Technik...

Die größte Umstellung ist sicher das Essen.

Ich denke eine andere Kultur kennen zulernen und die Unterschiede zu erleben, ist Sinn und Zweck einer solchen Reise.

Ich würde sagen, sie soll sich nicht zu viele Gedanken machen, sondern lieber alles auf sich zukommen lassen. Alles andere ergibt sich von ganz alleine.

Bester Tipp zur besseren Verständigung - Deutsch und Englisch lernen.

Aber ich denke, dass kann sie sicher schon.

Auf jeden Fall, alles Gute für deine Bekannte - das wird sicher ein großes unvergessliches Abenteuer für sie. (kraetzerly)



Weitere Antworten



Um die Unterschiede genau zu nennen, bedarf es genauer Kenntnisse der chinesischen Kultur und ihre Verhaltensweisen,. Was für einen Deutschen der noch nie in China war, sich nie mit Chinas Verhaltensweisen beschäftigte, unmöglich ist. (Anne)



Mein Vorschlag geht in zwei Richtungen:
Zum einen sollte sie sich bei einigen Verhaltensweisen nicht brüskiert fühlen. In Deutschland ist es manches gängig, was in Asien als sehr unhöflich gilt (Schneuzen bei Tisch, politische Diskussionen, etc).
Zum anderen wäre es von Vorteil, einige Verhaltensweisen, die in China üblicher sind, abzulegen. So das Schlürfen beim Essen, die morgendliche lautstarke Mundhygiene, die untersschiedlichen Ranfolgen bei Höflichkeitsbekundungen oder auch das schweigende Übergehen von Missverständnissen. Ich denke, es schadet nicht, wenn man sich bezüglich der angemessenen Verhaltensweise in den jeweiligen Situationen erkundigt oder sein Unwissen formuliert. Besserwisserei oder übertriebener Heimatstolz kommt weder in China noch in Deutschland gut an.
Ich gehe aber davon aus, dass sie in Gastfamilien, an der Uni oder bei anderen Studierenden auf Wohlwollen trifft. Wenn man nicht alles auf die Goldwaage legt und über den einen oder anderen Lapsus hinwegsieht, wird es schon klappen.
Gruß (Schleier des Nichtwissens)




chinesen legen wert auf freundschaft und familie und hoeflichkeit (whyskyhigh)



Ich denke da braucht man sich keine sorgen machen Chinesen und vor allen Chinesische Frauen sind sehr Anpassung fähig. Die Kulturellen Unterschied sind zwar sehr Groß aber ich denke die Studenten werden gut auf ihr Auslands Studium vorbereitet. Ich hab in China nur gute Erfahrung gemacht ich denke ehr ich habe da Fehltritte gemacht und bin negativ aufgefallen (auch aus Unwissenheit) aber die Chinesen waren immer Freundlich zu mir. Ich hoffe der Jungen Frau ergeht es bei uns auch so. (Bossy)



(http://de.answers.yahoo.com/question/index;_ylt=AmKSaSey6zxJ5_NOzkJL96wxCgx.;_ylv=3?qid=20080326045835AAjh05r; Stichwort: Chinesen, Deutsche; 03.05.2009)




Bei der Analyse dieser Antworten ergibt sich ein erstaunlich exaktes Bild deutsch-chinesischer Unterschiede, das zwar oft nur in Stichworten versprachlicht wird, in solchen Stichworten jedoch, die, wenn sie tiefer gehend diskutiert werden, viel Wissenswertes über die deutsche Kultur bereit halten. So wird die Amerikanisierung angesprochen, jedoch auch die Kulturkonvergenz – also die zur Zeit feststellbare Angleichung der Kulturen weltweit. Es wird Gelassenheit angesprochen („Alles auf sich zukommen lassen“), die Sprachenfrage (Man sollte Deutsch und Englisch können, wenn man nach Deutschland reist), wichtige interkulturelle Aspekte wie Freundschaft, Familie, Höflichkeit, praktische Aspekte wie das Essen, bestimmte deutsche Verhaltensweisen wie das Schneuzen bei Tisch oder politische Diskussionen, vermeintlich typische chinesische Verhaltensweisen wie das Schlürfen beim Essen oder unterschiedliche Rangfolgen bei Höflichkeitsbekundungen wie auch das schweigende Übergehen von Missverständnissen. Als persönliche Einstellungen werden die Vermeidung von Besserwisserei und übertriebenem Heimatstolz formuliert wie auch die Notwendigkeit des gegenseitigen Wohlwollens.


Wird eine Frage wie die vorliegende von ausländischen Studierenden im deutschen Yahoo! Clever-Service gestellt, so werden diese mit großer Wahrscheinlichkeit Antworten in der hier dokumentierten Qualität erhalten, also interkulturell relevante Informationen aus erster Hand. Hiermit kann kein Lehrwerk konkurrieren, hierfür kann kein Kompendienwissen als Ersatz fungieren. Der einzig denkbare Ersatz wäre der direkte Kontakt zu deutschen Muttersprachlern in der face-to-face-Kommunikation oder – jedoch nur bedingt – die Rezeption deutschen Fernsehens oder deutschen Rundfunks, die jedoch eine fortgeschrittene Hörverständnisfähigkeit voraussetzt. Auch dieses Beispiel zeigt, wie wertvoll ein Wissensportal wie Yahoo! Clever für das interkulturelle Lernen sein kann. Dieser Gesichtspunkt wird im Folgenden im Hinblick auf seine didaktischen Implikationen vertieft.



4.2 Didaktische Implikationen



Yahoo! Clever lässt sich in unterschiedlicher Art und Weise in den Unterricht einbringen. Dabei ist jedoch zu beachten:



Ein ungesteuerter, ganz in die Verantwortung der Lerner gestellter Austausch über Länder- und Kulturgrenzen hinweg wird (...) nur gelingen können, wenn beide Seiten bereit sind, ihre eigenen Kulturstandards zu hinterfragen. (Richter 1998: 14)



Abgesehen von dem Bereich des Autonomen Lernens, den die Studierenden aus eigenem Antrieb wählen, sollten interkulturelle Lerner also nie auf sich allen gestellt sein, sondern immer von Ihrem Dozenten bzw. Lehrer begleitet werden.


Zum einen ist dabei es möglich, die Texte aus Yahoo! Clever wie Lehrwerktexte zu verwenden, also sie mit den Studierenden zu rezipieren und zu analysieren und sie auf ihren tieferen Gehalt hin zu befragen. Diesem ersten Ansatz des sprachlichen und sachlichen Verständnisses sollte eine Diskussionsphase folgen, in der die beiden relevanten Kulturen im Hinblick auf die in den Texten dargestellten Gesichtspunkte untersucht werden. In dieser Phase soll das Lernziel die Standortbestimmung bzw. die Standortveränderung der ausländischen Studierenden sein; sie sollen in die Lage versetzt werden, interkulturelles Lernen in komparativer und in kontrastiver Art und Weise zu vollziehen. Hierin liegt der eigentliche interkulturelle Lernprozess; hierin liegt das, was im Bewusstsein und in den Einstellungen der Studierenden dauerhaften Wert haben wird, was ihnen als Lernerfolg langfristig erhalten bleiben wird.


Eine zweite Möglichkeit besteht für die Lernenden darin, selbst Fragen in Yahoo! Clever zu posten. Dies kann zum einen als Kursfrage geschehen, d.h. auf eine Frage bezogen, die im Kurskontext diskutiert worden und deren inhaltliche Bandbreite im Kursverband abgesteckt worden ist und die gemeinsam von Studierenden und Dozent formuliert wird. Diese Möglichkeit des Postens eigener Fragen dürfte für die Lernenden mit einem hohen Motivationspotential einher gehen. Es handelt sich hier nicht um den Ausdruck von Meinungen oder auch Einstellungen, der – wie in der Diskussion im Kurskontext, so wertvoll diese auch ist - mehr oder minder inoffiziell verbleibt, sondern diese geposteten Fragen werden einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht, wobei der Vorteil darin besteht, dass es sich bei dieser Öffentlichkeit um diejenige eines wichtigen Zielsprachenlandes handelt. Diese Zusammenhänge verdeutlichen, dass die von den Studierenden gestellten Fragen eine hohe Relevanz besitzen, dass durch ihre Beantwortung in Deutschland bei den Menschen, die sich mit diesen Fragen beschäftigen, eine Wirkung ausgelöst wird und dass auf diese Weise letztendlich ein Dialog zustande kommt. Ob eine solche Frage im Kursverband gestellt wird oder ob einzelne Studierende selbst Fragen posten, ist dabei unerheblich; beide Möglichkeiten enthalten dasselbe sachliche und emotionale Potential.


Aus dem Posten und der Beantwortung von Fragen ergibt sich in direkter Linie, dass jeder Teilnehmer jeden anderen Teilnehmer kontaktieren, mit ihm in Verbindung treten und somit einen E-Mail-Austausch und ggf. sogar eine E-Mail-Partnerschaft in Gang setzen kann. Ebenso können User sich zu Interessengemeinschaften zusammenschließen (vgl. YooMe 2007). Auf diese Weise können durch Yahoo! Clever dauerhafte Beziehungen zwischen Ausländern und Deutschen entstehen.


Eine dritte Möglichkeit besteht darin, auf in Yahoo! Clever gestellte, offene Fragen zu antworten. Auch durch diese Option nehmen die ausländischen Studierenden aktiv am Diskurs, wie er in Deutschland geführt wird, teil. Auch dieser Möglichkeit unterliegt somit zum einen ein hohes Motivationspotential, zum anderen findet hier authentische Kommunikation statt – ein direkter Austausch von Meinungen. Es ist dies eine Möglichkeit der Kommunikation, die für den Unterricht Deutsch als Fremdsprache von großer Bedeutung ist. Mit der Beantwortung von Fragen in Yahoo! Clever gehen mehrere Vorteile einher, auf die wir hier nur kurz eingehen können:


- Es bedarf als Grundvoraussetzung keiner E-Mail-Kontakte, um mit deutschen Muttersprachlern in Verbindung zu treten. Yahoo! Clever ist ein offizielles Forum; man kontaktiert unbekannte Menschen, aber dadurch wird der Kontakt sehr einfach und hochgradig zugänglich. Da die Kommunikation schriftlich abläuft, erfolgt sie in aller Regel nicht spontan. Eine gegebene Frage bleibt in der Regel für fünf Tage offen, d. h. die Antworten darauf können sowohl sprachlich als auch inhaltlich vorbereitet werden. Da diese Vorbereitungszeit gegeben ist, bestehen keinerlei Beschränkungen hinsichtlich der Kommunikationsgeschwindigkeit, wie sie beispielsweise beim Chat oder auch in mündlicher Kommunikation gegeben sind. Es entstehen hier zwar keine Dialoge im eigentlichen Sinne, sondern nur ein einphasiges Hin-und-Her von Frage und Antwort, dennoch ist diese Form ebenfalls als Kommunikation zu werten.


Wie wir gesehen haben, ergibt sich im Hinblick auf die inhaltliche Bandbreite und bisweilen auch im Hinblick auf die inhaltliche Tiefe der gegebenen Antworten bei Yahoo! Clever eine Vergleichbarkeit mit dem Ergebnis der Rezeption von Lehrbuch- oder Pressetexten. Yahoo! Clever bietet jedoch ungleich mehr an Authentizität und Unmittelbarkeit.


Solange Sprachlerner in die Lage versetzt werden, learning by doing zu betreiben, kann davon ausgegangen werden, dass deren Motivationspotential steigt bzw. sich auf einem hohen Niveau hält. Die Arbeit mit Wissensportalen ist somit interkulturelles learning by doing par excellence.


- Durch die regelmäßige Lektüre von Yahoo! Clever oder auch durch die regelmäßige aktive Teilnahme der Lernenden daran wird zudem deren sprachliche Kompetenz des aktuellen, lebendigen Deutsch geschult; sie erhalten die Möglichkeit, sich auch dem gesprochenen Deutsch mehr anzunähern, als dies durch Lehrwerke oder andere Textsorten wie beispielsweise Pressetexte möglich wird (vgl. hierzu auch Tinnefeld 2008).


Wenn diese didaktischen Implikationen auch nicht die einzigen sind, die bei der Arbeit mit Yahoo! Clever eine Rolle spielen, so seien diese hier dennoch besonders betont.



4.3 Grenzen der Arbeit mit Yahoo! Clever



Die Grenzen der Arbeit mit Yahoo! Clever beziehen sich weniger auf das interkulturelle Lernen als vielmehr auf einige Gesichtspunkte, die charakteristisch für diesen Service sind, die jedoch dem Lernen und der sprachlichen Arbeit abträglich sein können.


Wie bereits in Kap. 2 erwähnt, sind die in Yahoo! Clever geposteten Texte bei weitem nicht fehlerfrei: Deutsche Muttersprachler machen sprachliche Fehler - zum Teil erhebliche -, die in den Texten unkorrigiert und unredigiert erscheinen. Deutschlerner mit diesen Texten zu konfrontieren, ohne sie auf diesen Gesichtspunkt vorzubereiten, wäre kontraproduktiv. Hier ist ein mündiger, aktiver Lehrer gefordert, der sprachliche Fehler mit den Studierenden durchspricht und sie analysiert und korrigiert, woraus ein erheblicher Lerneffekt resultieren kann. Zum Anderen ist es durchaus möglich, dass der Lehrer in den Fällen, in denen nicht die deutsche Sprache im Vordergrund steht, sondern Sachfragen in den Mittelpunkt des Interesses rücken, diese Sprachfehler von sich aus korrigiert oder sie in Zusammenarbeit mit deutschen Muttersprachlern eliminiert[14]. In jedem Falle enthält das Potential an Sprachfehlern für ausländische Studierende einen Motivatonsaspekt, denn sie sehen, dass auch deutsche Muttersprachler Fehler machen, und erkennen, dass sie als Nicht-Muttersprachler des Deutschen ebenfalls nicht unbedingt „perfekt“ werden müssen. Das heißt, dass das an sie angelegte Aspirationsniveau der Beherrschung der deutschen Sprache herabgesetzt wird: Das von ihnen anzustrebende Lernziel erscheint dadurch erreichbarer.


Lehrende sollten Studierende darauf hinweisen, dass in Yahoo! Clever die prinzipiell existierende Grenze zwischen geschriebener und gesprochener Sprache an vielen Stellen überschritten wird. Ob man dies bedauern mag oder nicht - hierin liegt eine Realität der deutschen Sprachverwendung: Deutsche Muttersprachler sind immer weniger in der Lage, gesprochene Sprache von geschriebener Sprache zu unterscheiden bzw. geschriebene Sprache in homogener Form – also ohne den Einfluss gesprochensprachlicher Elemente – zu verwenden (vgl. Tinnefeld 1999). Auch hier ist der Lehrer gefordert: Er kann diese Texte in sprachlicher Hinsicht dazu nutzen, das Sprachbewusstsein der Studierenden zu wecken bzw. zu vertiefen und somit ihre Sprachverwendung einer höheren qualitativen Ebene zuzuführen.


Die beiden soeben behandelten Negativpunkte, die für Yahoo! Clever aufgeführt worden sind, lassen sich in realistischer Perspektive in Vorteile umwandeln: Sie sind sprachlicher Art betreffen dagegen nicht das interkulturelle Lernen. Hinsichtlich des interkulturellen Lernens selbst sind kaum Grenzen von Yahoo! Clever feststellbar. Besser als interkulturelles Lernen mit diesem Wissensportal ist lediglich der direkte Kontakt mit physisch anwesenden Muttersprachlern. Dieser ist im Ausland jedoch in der Regel nicht regelmäßig und auch nicht durativ herbeizuführen. Eine weitere große Chance von Yahoo! Clever liegt somit in dessen ständiger Verfügbarkeit.



5 Abschließende Bemerkungen und Ausblick



Es ist deutlich geworden dass das Wissensportal Yahoo! Clever beachtliche Chancen der Vermittlung interkulturellen Lernens im Unterricht Deutsch als Fremdsprache bereithält. Somit kann unsere Arbeitshypothese (vgl. Kap. 1.3) nahezu in toto bestätigt werden. Die Nutzung von Yahoo! Clever im Unterricht sollte daher propagiert werden.


Es ist zudem davon auszugehen, dass Deutschlerner die Arbeit mit diesem Wissensportal im Unterricht - solange sie wohl dosiert durchgeführt wird – begrüßen. Das hier postulierte Motivationspotential wird dabei als realistisch angenommen. Auf diesem Hintergrund wäre es wünschenswert, empirisch zu untersuchen, in wie weit dieses Motivationspotential sich tatsächlich ergibt, und wie Studierende auf die Arbeit mit Yahoo! Clever reagieren. Zudem könnte in einem wissenschaftlich fundierten Portfolio-Ansatz dokumentiert werden, welche Lernfortschritte Studierende im Hinblick auf ihr interkulturelles Verständnis im Spannungsfeld zwischen ihrem eigenen Land und Deutschland vollziehen. Es ist mit keinem allzu großen Wagnis verbunden, bereits an dieser Stelle vorauszusagen, dass Yahoo! Clever für den Unterricht Deutsch als Fremdsprache eine erhebliche Bereicherung darstellt. Dieses Wissensportal sollte daher in Bezug auf die hier diskutierten Gesichtspunkte im Blick behalten werden.





Literaturverzeichnis



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Tinnefeld, Thomas (2008): Yahoo! Clever als Lehrwerkergänzung für die Vermittlung der deutschen Umgangssprache. In: Deutsch-taiwanische Hefte: Journal für deutsche Studien 14 (2008) 38-66



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(http://en.wikipedia.org/wiki/Wikipedia:Community_portal; 03.05.2009).



Wikipedia (2009b): Artikel: “Yahoo Answers” (http://en.wikipedia.org/wiki/Yahoo_Answers; 03.05.2009).








[1] Wir folgen hier der These von Eck / Legenhausen / Wolff (1994: 63), nach der Internet-basierte Interaktion der Realität eher entspricht als durch das Lehrwerk induzierte Sozialformen.


[2] Vgl. aber in diesem Zusammenhang auch die instruktive Arbeit von Dagmar Abendroth-Timmer (1998), die jedoch lange vor der Entwickung von Online-Wissensplattformen entstanden ist – zu einer Zeit also, in der das Lehrwerk im Fremdsprachenunterricht noch viel mehr Bedeutung hatte als heute.


[3](http://de.answers.yahoo.com/info/scoring_system;_ylt=At2mPArNIspXqXx4khFtWEMFCgx.;_ylv=3; 02.05.2009)



[4] Vgl. Wikipedia (2009a) (http://en.wikipedia.org/wiki/Wikipedia:Community_portal; 02.05.2009)


[5] Es wäre interessant, eine solche Zuverlässigkeitsrecherche durchzuführen und statistisch zu untersuchen, wieviel Prozent der gegebenen Antworten in einem gegebenen Sektor gewisse Qualitätsstandards erfüllen und zuverlässige Informationen bereit stellen, und wieviel Prozent der Antworten fragwürdige Informationen vermitteln – ein (wissenschafts)soziologischer Forschungsansatz, der hiermit angeregt wird.


[6] Vgl. hierzu den von Königs (1994) gewählten Titel seines Aufsatzes: „Schillernd, aber spannend: Überlegungen zum Begriff des Interkulturellen Lernens“.


[7] Vgl. hierzu beispielsweise die Beiträge von Bleyhl (1994: 9ff), Bredella (1994: 21ff), Christ 1994: 31ff), Freudenstein (1994:, 56ff), Kramer (1994: 109) und Meißner (1994: 140) in Bausch / Christ / Krumm (1994)


[8] Hinsichtlich der Füllung und des Verständnisses dieses Begriffs durch praktizierende Lehrer und Lehrerinnen vgl. auch Caspari (1997: 34ff).


[9] Zum Verhältnis der Begriffe Landeskunde und Interkulturelles Lernen vgl. auch Caspari 2007: 70f.


[10] Wie bereits in Tinnefeld (2008) ausgeführt wurde, ist in Yahoo! Clever bisweilen nicht nur ein stark ausgeprägtes gesprochensprachliches Register vorzufinden, sondern es finden sich hier ebenso zahlreiche sprachliche Fehler (vgl. zur Einschätzung und Bewertung dieser Fehler ebenfalls Tinnefeld (2008)). Wir redigieren die hier zitierten Texte nicht, sondern belassen sie in Originalform – mitsamt diesen Fehlern und mitsamt ihrer Orientierung am gesprochenen Deutsch. Dass sich hierin eine verhältnismäßig hohe Zahl an Fehlern befinden, ist sicherlich ein Manko von Yahoo! Clever, jedoch ist das Vorhandensein von Fehlern unvermeidlich, da auch deutsche Muttersprachler ihre Sprache nicht „perfekt“ beherrschen. In Tinnefeld (2008) haben wir aufgezeigt, dass die Nutzung der Verwendung des gesprochensprachlichen Registers eine Chance authentischen Lernens für Studierende des Deutschen als Fremdsprache darstellt. Die Feststellung, dass auch deutsche Muttersprachler sprachliche Fehler machen, kann zudem für nicht-mutersprachliche Studierende motivierend wirken, da sie auf diese Weise bei der Erlernung des Deutschen einem weniger starken Erfolgsdruck ausgesetzt sind: Wenn selbst deutsche Muttersprachler Fehler machen, sind sprachsystematische Fehler ausländischer Sprecher des Deutschen durchaus verzeihlich.


[11] Es werden hier die jeweils gestellte Frage und relevante Antworten – letztere in Auswahl – gemeinsam zitiert, also nicht separiert dargestellt und nicht einzeln analysiert. Diese Form der Darstellung soll die starke Einheit, die zwischen der Frage und den jeweiligen Antworten besteht, dokumentieren. Während es bei sprachlichen Analysen wichtig ist, einzelne Äußerungen separat darzustellen und zu interpretieren, erscheint es bei einer inhaltlich ausgerichteten Untersuchung, wie die vorliegende sie darstellt, geraten, größere sprachliche Einheiten zusammen zu untersuchen, um auf diese Weise ein homogeneres Gesamtbild vermitteln zu können und den Rezipienten dadurch eine bessere Orientierung zu bieten, als dies in separierender Darstellung möglich wäre.


Die für unsere Analyse relevanten inhaltlichen Gesichtspunkte sind zum Zwecke einer größeren Übersichtlichkeit innerhalb der Zitate durch Unterstreichung hervorgehoben.


[12] Es sei an dieser Stelle betont, dass jegliche Berührung mit einer anderen Kultur kaum je vollkommen ohne die – zumindest ansatzweise - Ausbildung von (partiellen) Stereotypen oder Vorurteilen vonstatten gehen kann. In der Fremdsprachenvermittlung sollte das Bestreben aller Interaktanten jedoch darin liegen, diese möglichst gering zu halten und im Idealfall gar nicht erst zur Ausprägung gelangen zu lassen. Die vorliegenden Reflexionen seien auf diesem Hintergrund verstanden.


[13] Der Begriff Zeitgeist kann wie folgt definiert werden:


Zeitgeist, der die für einen bestimmten geschichtlichen Zeitraum charakteristische Gesinnung, geistige Haltung (der herrschenden Klasse) /vorwiegend auf eine vergangene Epoche bezogen. (DWDS 2008)


[14] In unserem Beitrag (Tinnefeld 2008) wiesen wir darauf hin, dass solche sprachlichen Fehler nicht korrigiert werden sollten. In jenem Beitrag wurde jedoch dafür plädiert, Yahoo! Clever für die Vermittlung der deutschen Umgangssprache zu verwenden. Stehen sprachliche Fragen im Mittelpunkt, dürfen Sprachfehler in diesen Texten nicht korrigiert werden. Sind Sachfragen, wie dies beim interkulturellen Lernen der Fall ist, Ziel der unterrichtlichen Bemühungen, so müssen Sprachfehler korrigiert werden.


Im den hier zitierten Beispielen haben wir die sprachlichen Fehler unkorrigiert belassen, um den Rezipienten einen besseren Eindruck jener zu vermitteln.