Artikel: Yahoo! Clever als Lehrwerkergänzung

Publiziert in: Deutsch-tanwanische Hefte. Journal für deutsche Studien. 10/2008, 14, 38-66.
Yahoo! Clever als Lehrwerkergänzung für die Vermittlung der deutschen Umgangssprache Yahoo! Clever為口語德語教學之教科書補充教材 Thomas Tinnefeld (納德) Teil 1 摘要

本文提出兩點關於德語語言學習教科書內口語成份之研究假設,並以德文版的網路伺服器中的知識分享站Yahoo! Clever (台灣版為Yahoo奇摩!知識」)為例,討論運用知識分享站的內容做為德文教科書內通俗口語方面補充教材的可行程度。文章首先先定義「口語」一詞,並闡述「口語」在網路溝通方面的角色及其在德語語言學習教科書中出現的情況,繼而導出本文的第一個假設:在德語為外語的教科書裏,口語成份絕少以真實語言形式出現。此假設在本文研究中獲證。另外,此部份亦介紹Yahoo! Clever的主要特色。文章繼而進入主要部份,提出並探討第二點假設:德文Yahoo! Clever裏,語言的習慣用法偏向通俗口語。本文從語言學角度,以八項相關語言現象,系統性地分析實例、闡述發現,進而驗證此假設。文章最末,作者提出贊成將Yahoo! Clever融入臺灣的德語教學之建議,以提供更有趣、更真實、更能反應現實的口語德語教學。考量臺灣和說德語的歐洲國家之間的地理距離之際,此相形之下更顯重要。

關鍵詞:多媒體、德語為第二外語、口語德語、教科書、網際網路溝通、真實教材

Abstract

Im Artikel wird der Service Yahoo! Clever des gleichnamigen Internetportals als eine mögliche Ergänzung von Lehrwerken für das Fach Deutsch als Fremdsprache zur Vermittlung der deutschen Umgangssprache herausgestellt. Dazu wird zunächst der Begriff Umgangssprache definiert und die Rolle der Umgangssprache in der Internetkommunikation und ihre Vermittlung im Lehrwerk schlaglichtartig beschrieben, wobei die Hypothese, nach der in gängigen Lehrwerken für Deutsch als Fremdsprache umgangssprachliche Elemente kaum authentisch zu finden sind, weitgehend verifiziert wird. Im Anschluss wird auf Yahoo! Clever, seine Entstehung und seine Hauptmerkmale, eingegangen. Den Hauptteil des Artikels, in dem die zweite Arbeitshypothese - die Sprachverwendung in Yahoo!Clever ist an der gesprochenen deutschen Umgangsssprache orientiert – untersucht wird, bildet die sprachliche Analyse, in der umgangsprachliche Elemente aus acht verschiedenen Bereichen exemplifiziert werden, was zu einer Verifizierung der zweiten Arbeitshypothese führt. Den Abschluss des Artikels bilden Vorschläge für die Einbindung von Yahoo!Clever in einen unter seiner Verwendung attraktiveren und noch mehr als bisher an der aktuellen sprachlichen Realität des deutschen Sprachraums orientierten Unterricht, was besonders dann interessant ist, wenn – wie im Falle der Vermittlung des Deutschen in Taiwan – eine erhebliche geographische Entfernung zu den Ländern der Zielsprache besteht.

Leitbegriffe: Multimedia, Deutsch als Fremdsprache, Umgangssprache, Lehrwerke, Internetkommunikation, authentisches Lehrmaterialien

0. Einleitung

Bei der Unterrichtung jeder Fremdsprache stellt sich das grundsätzliche Problem der Vermittlung ihrer umgangssprachlichen Variante, die im weitesten Sinne mit der gesprochenen Sprache gleichgesetzt werden kann. In Lehrwerken ist dieses Register der Umgangssprache – wenn überhaupt - in aller Regel nur in recht künstlicher Form vorhanden: Selbst wenn es dort imitiert wird, erscheint es dem Muttersprachler oft nicht exakt und lebendig genug abgebildet, d.h. das Register der Umgangssprache wird nicht hinreichend authentisch vermittelt. Diese Feststellung besitzt in besonderem Maße für Deutsch als Fremdsprache Gültigkeit.

Hinzu kommt, dass die Umgangssprache im allgemeinen raschen Veränderungen unterworfen ist, so dass Lehrwerke mit dieser Entwicklung prinzipiell nicht Schritt halten können: Es ist in der Praxis – nicht zuletzt auf Grund wirtschaftlicher Erwägungen - nicht möglich, alle zwei oder drei Jahre eine vollkommen überarbeitete Auflage eines gegebenen Lehrwerkes auf den Markt zu bringen, in der die jeweils neuesten Entwicklungen berücksichtigt werden.

In dieser Situation erweist sich eine Erscheinungsform deutscher Umgangssprache als mögliche Quelle für die Bereitstellung unterrichtsrelevanter Lehr- und Lernmaterialien, die auf den ersten Blick überraschen mag: Es handelt sich um Yahoo! Clever, einen Service des gleichnamigen Internet-Portals, in dem Fragen zu den unterschiedlichsten Lebensbereichen gestellt werden können und in aller Regel auch beantwortet werden.

In dem vorliegenden Artikel wird diese Quelle auf ihre Eignung zur Bereitstellung umgangssprachlicher und für den Deutschunterricht mit fortgeschrittenen Lernern verwendbarer Materialien zur Ergänzung existierender Lehrwerke überprüft. Es wird exemplarisch untersucht, welche Ausprägungen der deutschen Umgangssprache dort auftreten und wie deren Einbettung in den Unterricht erfolgen kann, um auf diese Weise die Vermittlung des Deutschen in Taiwan – trotz der gegebenen geographischen Entfernung zu Deutschland – noch ein wenig authentischer als bisher zu gestalten. Die Stoßrichtung dieses Beitrages ist somit sowohl eine linguistische als auch eine didaktische.

1. Das Register der Umgangssprache
1.1 Definition des Begriffs

Unter dem Begriff Umgangssprache verstehen wir hier die gesprochene Sprache des Deutschen, die im täglichen Leben im Allgemeinen Verwendung findet. In diesem Verständnis ist die Umgangssprache ein Teilbereich der gesprochenen Sprache. Während gesprochene Sprache sich auf jede Ausprägung einer gegebenen Sprache von Situationen des täglichen Lebens bis hin zur gesprochenen Wissenschaftssprache beziehen kann, stellt die Umgangssprache einen abgegrenzten Bereich aus dieser Bandbreite dar. Umgangssprache ist also vor allem gesprochene Sprache: Es sind kaum Situationen denkbar, in denen Umgangssprache originär in geschriebener Form produziert wird.

Im Verständnis Sölls (1985) ist Umgangssprache in solchen Situationen, in denen sie in geschriebener Form auftritt – wie beispielsweise in Briefen, auf Postkarten, in kurzen Notizen -, als markiert anzusehen; unmarkiert ist sie hingegen dann, wenn sie gesprochensprachlich auftritt. In der Terminologie von Koch / Oesterreicher (1994, 587ff) bewegen wir uns hier im Bereich der konzeptionellen Mündlichkeit. Moser (1960, 231) situiert die Umgangssprache in seinem dreistufigen – diastratischen, diatopischen und diaphasischen – Gliederungsschema zwischen der Volkssprache und der Hochsprache und differenziert sie in die gehobene Umgangssprache, die Alltagssprache, den Slang und die Gossensprache. In dem in unserer Untersuchung zu Grunde gelegten Verständnis des Begriffes sehen wir Umgangssprache als synonym zu Alltagssprache.

Lewandowski definiert den Begriff Umgangssprache wie folgt:

Die regional unterschiedliche, vorwiegend gesprochene Form der überregional gültigen Standardsprache, eine Sprachschicht bzw. Sprachvarietät zwischen Mundart und Hochsprache mit diffuser regionaler Verbreitung (regionale Verkehrssprache), ein Ausgleichsprodukt zwischen Mundart und Hochsprache. (Lewandowski, 1985, 1146)

Zusätzlich zu den von Lewandowski berücksichtigten Gesichtspunkten können für die Umgangssprache die Bildung und der soziale Kontext des jeweiligen Sprechers von Bedeutung sein, wie dies in der folgenden Definition zum Ausdruck kommt.

Umgangssprache, Form der gesprochenen Sprache, steht zwischen der genormten Standard-(Hoch-)Sprache und der Mundart; sie ist landschaftlich gefärbt und jeweils von Bildungsstand und sozialer Umwelt des Sprechers bestimmt. (Meyers Lexikon Online 2.0, 22.12.2007; http://lexikon.meyers.de/meyers/Umgangssprache).

Zudem wird die Umgangssprache hier noch eindeutiger der gesprochenen Sprache zugewiesen.

In unserer Analyse werden wir uns auf die nicht mundartlich geprägte – also an der Standardsprache orientierte – Variante der Umgangssprache konzentrieren [1] . Die Umgangssprache ist somit eine wichtige Repräsentantin der gesprochenen Sprache. Diese Aussage ist von übereinzelsprachlicher Gültigkeit.

1.2 Umgangssprache und Medium
1.2.1 Umgangssprache in der Internetkommunikation

Für die Internetkommunikation – so im Chat und in speziellen Foren - ist bisher in verschiedenen Untersuchungen (vgl. z.B. Wenz (1998), Storrer (2000), Hess-Lüttich / Wilde (2003) und Henn-Memmesheimer (2004)) nachgewiesen worden, dass dort auf Phänomene der gesprochenen Sprache rekurriert und auf diese Weise das schriftlich ausgerichtete Medium in mündlicher Konzeption verwendet wird [2] . In diesen Kommunikationsformen wird Sprache somit in markierter Form gebraucht, wie wir es zuvor ausgedrückt haben (vgl. 1.1). Diese markierte Form der Sprachverwendung – also gesprochensprachliche Konzeption in schriftlichem Kommunikationskanal – tut dabei dem gesprochensprachlichen Charakter der Kommunikation keinen Abbruch: Wenn auch nicht in oraler Form kommuniziert wird, so ist doch das, was gesagt wird und die Art, in der es gesagt wird, nahezu genauso „mündlich“, als wenn die jeweilige Äußerung tatsächlich mündlich realisiert worden wäre. Dies bedeutet, dass diese Kommunikation hinsichtlich ihrer oralen Konzeption mehr oder minder authentisch ist. Was wir hier für die gesprochene Sprache im Allgemeinen formuliert haben, gilt ebenso für die Umgangssprache, wie wir sie zuvor definiert haben (vgl. 1.1).

Diese Aussagen bedeuten, dass wir dann, wenn wir es mit informeller Internetkommunikation zu tun haben, davon ausgehen können, dass diese in vielen Fällen in einer Form vonstatten geht, die der Kommunikation in der Umgangssprache angenähert und oft sogar mit dieser identisch ist. Dieses Ergebnis unserer Überlegungen wird für den weiteren Verlauf der Untersuchung im Blick zu behalten sein.

1.2.2 Umgangssprache im Lehrwerk

In folgerichtiger Weiterführung unserer Überlegungen wenden wir uns nunmehr der Vermittlung der Umgangssprache in Lehrwerken zu. Unsere erste Arbeitshypothese kann dabei wie folgt formuliert werden: In gängigen Lehrwerken für Deutsch als Fremdsprache sind Elemente der Umgangssprache kaum in authentischer Form zu finden. Diese Hypothese soll im Folgenden an Hand relevanter Beispiele aus ausgewählten Lehrwerken untermauert werden, die dem ausgehenden 20. und dem beginnenden 21. Jahrhundert entstammen [3] .

In dem Lehrwerk Deutsch 2000 finden wir Mitte der 1970er Jahre den folgenden Text, der sich mit dem Thema Mode [4] befasst und (angeblich) der Wochenzeitung Die Zeit und dort einer Rubrik, in der junge Leute unter zwanzig Jahren zu Wort kommen, entstammt:

Alle tragen heute Jeans. Richtig. Aber wie fing es denn an? Man trug Jeans doch damals aus Opposition gegen die Gesellschaft und ihre sogenannte „feine“ Kleidung, aus Opposition gegen die Mode. Und was ist daraus geworden? Ein Milliardengeschäft für die Textilindustrie. Und so wird es weitergehen. Alles, was von der Masse getragen wird, entwickelt sich zur Mode. Wir oktroyieren uns die Mode selbst.

Frank Laue, 17 Jahre

(Schäpers, 1974, 11)

Die hier ausgewählte Textsorte Leserbrief stellt denjenigen Texttyp dar, der in diesem Band für fortgeschrittene Lerner der Umgangssprache noch am nächsten kommt. In diesem Lehrwerk, das sich – laut Titel – als eine „Einführung in die moderne Umgangssprache“ versteht, findet sich als Lektionstext kein einziger Dialog, keine einzige, die Umgangssprache der damaligen Zeit repräsentierende Texteinheit. Der zitierte Ausschnitt ist ebenfalls nicht an der deutschen Umgangssprache orientiert. Außer den im Beispiel verwendeten rhetorischen Fragen, die jedoch nicht im eigentlichen Sinne als gesprochene Sprache oder Umgangssprache eingestuft werden können, da dieses Stilmittel ebenso in der (gehobenen) Schriftsprache existiert, sind im Wesentlichen drei Elemente zu identifizieren, die der Umgangssprache angenähert sind: das Assertivum Richtig sowie die Abtönungspartikeln denn und doch. Auf dem Hintergrund der Tatsache, dass die übrigen Texte dieses Bandes des ausgewählten Lehrwerks mehrheitlich noch weiter von der deutschen Umgangssprache entfernt sind als der zitierte Text, bedeutet dies, dass die deutsche Umgangssprache hier kaum berücksichtigt wird und den Lernenden somit hier nicht vermittelt wird. Diese Feststellung ist auf andere Lehrwerke der Zeit übertragbar.

Auch zu Beginn des 21. Jahrhunderts hat sich diese Situation nicht grundlegend geändert, auch wenn eine deutliche Verbesserung festzustellen ist. Die für die Vermittlung der deutschen Umgangssprache anführbaren Beispiele sind zahlreicher geworden, sie stellen eine größere Nähe zu dem Phänomen dar, aber sie sind immer noch nicht hinreichend authentisch und wirken daher künstlich. Dieser Befund soll im Folgenden in der gebotenen Kürze dargestellt werden.

So findet sich im dritten Band des Lehrwerks Berliner Platz der folgende Text, der einer Umfrage zu der Frage „Treiben Sie Sport?“ entnommen ist:

Ja, ich treibe gerne Sport! Ich mache alles Mögliche. Oft freue ich mich schon den ganzen Tag darauf, dass ich am Abend joggen kann. Dabei vergesse ich schnell, worüber ich mich bei der Arbeit geärgert habe. Aber am liebsten mache ich Sport mit Freunden. Im Winter fahren wir oft zusammen in die Berge zum Skifahren. Oder wir fahren im Sommer an einen See und spielen Volleyball. Manchmal fahren wir auch Inlineskates. Ich finde, Sport muss Spaß machen. Leistungssport finde ich blöd. - Susanne Selb, Verkäuferin, 25. (Köker, 2004, 80)

Auf den ersten Blick vermittelt der vorliegende Beispieltext den Eindruck, authentisch zu sein, und er mag durchaus in dieser Weise geäußert worden sein. An umgangssprachlichen Elementen seien hier hervorgehoben:

- die Kürze der versprachlichten Sätze, die als Anzeichen der Umgangssprache gewertet werden kann;

- das Adverb gerne, das in gepflegter (gesprochener) Sprache eher in der Form gern realisiert wird;

- die Wahl der Kollokation Sport machen an Stelle von Sport treiben, die klar umgangssprachlich ist;

- die Realisation des Nebensatzes nach dem Ausdruck ich finde ohne die Konjunktion dass und ohne Inversion;

- die Wahl des Adjektivs blöd, das umgangssprachlich markiert ist (vgl. Drosdowski et al., 1989, 270).

Trotz dieser umgangssprachlichen Elemente wirkt dieser Beispieltext künstlich: Der zweite Satz ist durch die Eröffnung mit Hilfe des Adverbs oft zu gewählt dafür, dass er in einer gesprochensprachlichen Situation geäußert wird [5] . Der gleiche Eindruck drängt sich im dritten Satz auf, der durch das Adverb dabei eingeleitet wird, an dessen Stelle man umgangssprachlich eher dann erwartet hätte. Während der Beginn und auch der Schluss dieses Textes somit in durchaus zufriedenstellender Weise umgangssprachlich sind, ist der mittlere Teil nicht im eigentlichen Sinne authentisch und mindert die Qualität des Textes, so dass dieser im Hinblick auf seine umgangssprachliche Realisierung nicht als vollkommen adäquat eingestuft werden kann.

Mit Blick auf aktuelle Lehrwerke für Deutsch als Fremdsprache stellt der zitierte Beispieltext in seiner umgangssprachlichen Qualität dennoch den oberen Durchschnitt dar: Es gibt durchaus noch bessere, aber mehrheitlich schlechtere Texte, die die deutsche Umgangssprache in Lehrwerken repräsentieren sollen – ein Unterfangen, das somit nicht immer gelingt [6] . Bereits aus dieser kurzen Darstellung der sachlich relevanten Zusammenhänge wird deutlich, dass im Hinblick auf die Vermittlung der deutschen Umgangssprache in Daf-Lehrwerken im Laufe der vergangenen drei Jahrzehnte bereits Fortschritte erzielt worden sind, dass jedoch noch ein erheblicher Verbesserungsbedarf besteht. Unsere erste Arbeitshypothese kann somit weitgehend bestätigt werden.

Im Anschluss soll eine kurze Beschreibung von Yahoo! Clever vorgenommen werden, um das Verständnis der nachfolgenden Reflexionen zu erleichtern.

2. Der Service Yahoo! Clever
2.1 Entstehung

Der Service Yahoo! Clever des gleichnamigen Internetportals ist der deutsche Ableger des unter der Bezeichnung Yahoo! Answers bekannten Portals. Dieses kann wie folgt definiert werden:

Yahoo! Answers is a community-driven knowledge market website launched by Yahoo! on December 13, 2005 that allows users to ask and answer questions posed by other users. The site gives members the chance to earn points as a way to encourage participation. As of November 2006, it contains 65 million answers and more than 7 million questions. (Wikpedia, 15.08.2007; http://en.wikipedia.org/wiki/Yahoo_Answers)

An dieser Definition ist abzulesen, wie groß der Zuspruch zu dieser speziellen Kommunikationsform in relativ kurzer Zeit angewachsen ist, und bis zum heutigen Tage dürften die im Zitat genannten Zahlen deutlich höher liegen. Yahoo! Answers existiert zur Zeit in 26 Ländern der Erde, darunter unter dem genannten englischen Namen in den USA und in Großbritannien, als Yahoo! Clever in Deutschland, als Yahoo! Q/Réponses in Frankreich und als Yahoo! Respuestas in Spanien und Südamerika. Entsprechend existiert es auch in China und in Taiwan (Wikipedia, 15.08.2007; http://en.wikipedia.org/wiki/Yahoo_Answers). Es steht daher zu erwarten, dass die hier für das Deutsche gemachten Aussagen durchaus auf die anderen genannten Sprachen übertragen werden können [7] .

2.2 Beschreibung

Wann immer man eine Frage hat, die sich der leichten und schnellen Beantwortung entzieht, für die man ohne großen Aufwand eine Antwort sucht oder hinsichtlich der man eine Meinung von Mitmenschen erhalten möchte, kann man sich an Yahoo! Clever wenden. Diese Plattform, die dem Phänomen der Online Gemeinschaft (vgl. Androutsopoulos / Ziegler, 2003, 254ff) zugerechnet werden kann und die direkt über die Eröffnungsseite des Internet-Portals Yahoo! zu erreichen ist, bietet die Möglichkeit zur Stellung jeglicher Frage, solange diese nicht gegen die guten Sitten verstößt. Im Allgemeinen wird jede dieser Fragen nahezu umgehend beantwortet, bleibt dann für eine gewisse Zeit offen und wird danach geschlossen, jedoch für einen späteren Zugriff archiviert. Diese Fragen und Antworten - deren letztere von Einwortreaktionen bis hin zu der ausführlichen und sehr ernsthaften Behandlung der gestellten Fragen reichen können – bilden mit der Zeit somit eine umfangreiche Bibliothek des Alltagslebens und der Lebenshilfe, und es lohnt sich, dort durch die Eingabe eines geeignetes Stichwortes nachzuschlagen, um Informationen zu der jeweiligen Frage, die man haben mag, oder einer ähnlichen, zu erhalten.

Für den Linguisten und den Lehrer stellt diese Plattform ein mit fortschreitender Zeit immer interessanter werdendes Objekt der Sprachanalyse und auch der Sprachvermittlung dar, das keineswegs übersehen werden sollte. Dies wollen wir hier zeigen. Zunächst jedoch wollen wir uns dieser Plattform in ihrem Verhältnis zur deutschen Umgangssprache zuwenden.

3. Yahoo!Clever als Reflex der deutschen Umgangssprache

Der unter der Bezeichnung Yahoo! Clever des Internetportals Yahoo! bekannte und zuvor (vgl. 2.) beschriebene Service stellt eine wichtige und umfangreiche Quelle für die Vermittlung der deutschen Umgangssprache dar: Die dort belegte Sprachverwendung ist an der gesprochenen deutschen Umgangssprache orientiert. Diese zweite Arbeitshypothese soll im Folgenden an Hand ausgewählter Beispiele verdeutlicht werden. Hierbei geht es uns nicht um den statistischen Nachweis dieser Aussage, sondern einzig und allein darum, einen ersten Eindruck von der qualitativen Bandbreite der Verwendung der deutschen Umgangssprache, wie sie hier belegt ist, zu vermitteln.

Im Folgenden werden wir uns – wegen der notwendigen Kürze jeweils nur schlaglichtartig – auf ausgewählte Bereiche der in Yahoo! Clever [8] auftretenden Phänomene der deutschen Umgangssprache beschränken, und zwar auf qualifizierende Adverbien, Interjektionen, Abtönungspartikeln, Wortkürzungen, sowie umgangssprachlich markierte Nomina, die Wortstellung, Redewendungen und das Phänomen der semantischen Inexaktheit.

3.1 Qualifizierende Adverbien

Der Bereich der qualifizierenden Adverbien soll an Hand zweier maßgeblicher Repräsentanten exemplifiziert werden. Zum Einen geht es um das Adverb total, das unzweifelhaft als umgangssprachlich [9] anzusehen ist.

(1) Ich habe mich mit einer bekannten, die mir sehr nahe stand, total zerstritten.Ich schrieb ihr per sms ob wir nicht reden wollen,um den streit aus der Welt zu schaffen. Sie reagierte aber leider auf nichts. Wir gehen uns seit zwei Monaten total aus dem Weg. Ich schrieb ihr einen Brief, obwohl ich nicht mal weiss, ob sie ihn gelesen hat. Sah sie mich mit anderen Personen, reagierte sie eifersüchtig, obwohl sie den Kontakt zu mir abbrach. Was könnte dahinter stecken, dass sie nicht mal über die probleme die sie anscheint mit mir hat, reden möchte? (Yahoo! Clever, 09.07.2007, Stichwort: Freunde; Meinesonne)[10]

( http://de.answers.yahoo.com/question/index;_ylt=AtByYrNXZS2sjpidzNSoECsxCgx.?qid=20070708132708AAZ6Jta )

In dieser Präzisierung der von der Yahoo! Clever-Teilnehmerin gestellten Frage „Warum redet sie nicht mit mir?“ geht es um die Versprachlichung der Ausprägung der dargestellten Probleme. Die Hinwendung zu dem umgangssprachlichen Ausdruck total ermöglicht diese in intensiverer und unmittelbarerer Form, als es durch die entsprechenden, von der Hochsprache zur Verfügung gestellten und von Drosdowski et al. (1989, 1544) angegebenen Alternativen möglich gewesen wäre.

Eine vergleichbare Funktion kommt dem umgangssprachlich verwendeten Adverb glatt [11] zu, das im folgenden Beispiel in einer Anwort zu der formelhaft ausgedrückten Frage „Männer = unromantisch?“ verwendet wird:

(2) Ich glaube es gibt fast genau so viele Frauen die Unromantisch sind. Ich kann mit Romantik z.b. gar nichts Anfangen und ich bin eine Frau. Das ist mir immer alles viel zu Kitschig. Und ich kenne noch einige in meinem Freundeskreis die Unromantisch sind. Dafür habe ich einen guten Freund, der ist so Romantisch, der könnte glatt als Frau durchgehen. Dieser kam vor 2 Jahren, von alleine, auf die Idee seiner Freundin einen Heiratsantrg zu machen. Und zwar in Paris, in Disneyland. Am Abend als es schon Dunkel war, vor dem Beleuchteten Dornröschen Schloss, auf Knien. (Yahoo! Clever, 16.07.2007, Stichwort: Männer; Pinocchio)

(http://de.answers.yahoo.com/question/index;_ylt=Ai2JjpaAMBrMq_24ZyBPiNMxCgx.?qid=20070122114111AAoOfzs)

Auch hier dient die umgangssprachlich geprägte Ausdrucksweise der Intensivierung des Gesagten und der kommunikativen Nähe innerhalb der Gruppe der Teilnehmer. Eine Registerorientierung an der Hochsprache wäre den kommunikativen Absichten der Fragenden und Antwortenden dagegen abträglich.

Qualifizierende Adverbien haben hier also die Funktion des Ausdrucks intensiver Gedanken und Gefühle. Sie werden in Orientierung an der gesprochenen Umgangssprache zur Förderung der Unmittelbarkeit der Kommunikation verwendet.

3.2 Interjektionen

Eine weitere Erscheinung der gesprochenen Umgangssprache stellen die auch als Gesprächswörter bezeichneten Interjektionen dar [12] . Auch sie sind in Yahoo! Clever belegt und stellen einen weiteren Hinweis für die Nähe dieser Kommunikationsplattform zur Umgangssprache dar. Zwei Beispiele mögen der Illustration des Phänomens dienen.

Die Frage „Wie kann man sich am besten selber die Haare färben?“ beantwortet die Teilnehmerin Emily wie folgt:

(3) Hey das ist doch ganz easy, es wird jeder Schritt genau beschrieben in den Beipackzetteln.

(Yahoo! Clever, 09.07.2007, Stichwort: Frisur; Emily)

(http://de.answers.yahoo.com/question/index;_ylt=AkGEOVC0zhPJT9FagcodJhwxCgx.?qid=20070706163017AAyJGt5)

Dabei leitet die Interjektion hey die Stellungnahme ein – eine Art der Eröffnung, wie sie einer Replik in einem Gespräch oder auch einer Gesprächseröffnung entspricht, jedoch nicht einer geschriebensprachlichen Äußerung. Zusammen mit diesem Einzelphänomen wird durch die Wahl des englischen Lexems easy hier - bei aller Kurze des zitierten Textes - eine gewisse registerspezifische Homogenität erzielt.

Das folgende Beispiel entstammt ebenfalls den Antworten auf die Frage, ob Männer unromantisch seien:

(4) das is ja schon schwierig naja wenn man mit ihm zusammen ist hat er auch bestimmt eine schöne seite die vielleicht auch was mit romantik zu tun hat, aber wenn man einen nicht kennt kann man es ja nicht wissen.

(Yahoo! Clever, 16.07.2007, Sichwort: Männer; Marissa S)

(http://de.answers.yahoo.com/question/index;_ylt=Ai2JjpaAMBrMq_24ZyBPiNMxCgx.?qid=20070122114111AAoOfzs)

Hier hat die Interjektion na [13] zusammen mit der Partikel ja [14] die Funktion der semantischen Einschränkung in Verbindung mit einem Hesitationsphänomen (vgl. zu diesem Phänomen auch Söll (1985: 177ff). Auch sie stellt eine Verwendung dar, die der gesprochenen Umgangssprache eigen ist.

Von unterschiedlicher, jedoch in der gesprochenen Sprache wichtiger Funktion sind die Abtönungspartikeln, denen wir uns nunmehr zuwenden werden.

3.3 Abtönungspartikeln

Nach Weydt (1969, 93ff) gilt die „Umgangssprache als Haupterscheinungsbereich der Abtönungspartikel“ – einem Faktum, dem dieser ein ganzes Kapitel in seiner Monographie widmet. Ihre Hauptfunktion liegt darin, Aussagen in ihrem Gehalt abzumildern oder auch zu betonen und auf diese Weise einer besseren, leichteren, angenehmeren, gegebenenfalls weniger brüsken Rezipierbarkeit zuzuführen. Auch Abtönungspartikeln finden sich in Yahoo! Clever, was ihre Vermittlung im Deutschunterricht mit Hilfe dieses Mediums ermöglicht. Die im Folgenden zitierten Beispiele mögen dafür illustrativ sein.

So antwortet die Teilnehmerin Sanja auf die Frage nach der Bedeutung des Geldes, bei der jeder Antwortende auch sein Alter angeben sollte:

(5) bin 34 und sage, dass Geld allein zwar nicht glücklich macht, aber es beruhigt einen schon ungemein zu wissen, man hat noch Rücklagen (womit ich nicht sagen will, dass ich welche hätte)....*hmpf*

Einfluß auf mein Leben? Ja, ich würde sagen, einen ziemlich grossen sogar. Ist schon schön zu wissen, man kann seine nächste Rechnung bezahlen....seinen Kindern etwas gönnen...Dinge tun und kaufen, die das Leben bereichern.. ob nun materiell oder einfach nur,weil es einem guttut...

(Yahoo! Clever, 16.07.2007, Stichwort: Geld; Sanja)

(http://de.answers.yahoo.com/question/index;_ylt=AhvNkRZvQATedjQbV1_QQRMxCgx.?qid=20070615042026AA3U59a)

Die doppelte Verwendung der Abtönungspartikel schon hat hier die Funktion der Betonung und Unterstreichung des Gesagten. Schriftsprachlich ist eine solche Verwendung nicht adäquat, in der gesprochenen Sprache ist sie dagegen vollkommen akzeptabel.

Diese gesprochensprachliche Akzeptabilität gilt ebenso für das folgende Beispiel - eine Antwort auf die hier in Beispiel (1) zitierte Frage:

(6) ...ich hatte das auch mal, sie war meine allerbeste Freundin und von einem Tag auf den anderen hat sie kein Wort mehr mit mir gesprochen und ich weiss bis heute nicht, was ich ihr getan haben soll, es macht mich echt fertig, aber ich habe es jetzt nach mehreren Versuchen abgehakt....meiner bescheidenen Meinung nach kannst Du nur eins tun: ihr noch ein einziges Mal mitteilen, dass Du das alles gerne aus der Welt schaffen möchtest (vielleicht über einen gemeinsamen Bekannten) und dann abwarten...viel viel Glück.... (Yahoo! Clever, 09.07.2007, Stichwort: Freunde; Schnurrkatze 76)

(http://de.answers.yahoo.com/question/index;_ylt=AtByYrNXZS2sjpidzNSoECsxCgx.?qid=20070708132708AAZ6Jta)

Die Abtönungspartikel echt ist eindeutig der gesprochenen Umgangssprache zuzuordnen und hat verstärkende Funktion (vgl. auch Drosdowski, 1989, 385). Sie wirkt lebendiger, gleichsam farbiger als stilistisch neutrale Varianten wie beispielsweise wirklich, richtiggehend oder in der Tat, um hier drei mögliche Alternativen zu nennen. Hier liegt gesprochene Sprache par excellence in homogenem Kotext und Kontext vor. Besser als in einem solchen Text können Lernende kaum mit gesprochener deutscher Umgangssprache konfrontiert werden. Hier ist nichts gekünstelt, nichts konstruiert: Es liegt vielmehr eine lebendige Sprachverwendung von Durchschnittsmuttersprachlern vor, die auf diese Weise und in dieser authentischen Qualität kaum nachgeahmt werden kann.

Diese Authentizität gilt auch für unseren nächsten Gegenstandsbereich - die Wortkürzungen.

3.4 Wortkürzungen

Die Verwendung informeller Wortkürzungen – auch in Verbindung mit lexkalischer Verschmelzung - repräsentiert ein mehr oder minder eindeutiges Anzeichen für die Präsenz von Umgangssprache, da solche Kürzungen in der geschriebenen Sprache im Allgemeinen nicht vorkommen. Das Faktum, dass sie in Yahoo!Clever auftreten, stellt somit einen weiteren Beleg für dessen Nähe zur gesprochenen Sprache dar. Im Einzelnen kommen Wortkürzungen wie die erwähnten unter anderem im Artikel-, Verbal- und Pronominalbereich vor. Für jeden dieser Bereiche soll im Folgenden ein illustratives Beispiel angeführt werden.

Für die Kürzung des Artikels [15] steht das folgende Beispiel:

(7) Ich habe früher im Hotel (Verkaufsbereich) gearbeitet und durfte auch keine Jeans tragen. Ich würde mir ca. 3 Hosenanzüge und vielleicht noch 2 Kostüme mit (nicht zu kurzem) Rock kaufen. Die Hosen musst Du ja nicht immer zusammen mit dem Blazer tragen. Eine hübsche Bluse mit ganzem, dreiviertel oder halbem Arm. Man kann Blusen auch einmal offen tragen mit einem Spaghetti-Top darunter oder einen Body unter dem Blazer. Oder ein Tuch um den Hals und nur ne Bluse... Unter dem Blazer gehen auch T-Shirts und Tops, jedoch solltest Du den Blazer nicht ablegen, wenn Du ein Top darunter trägst, dann lieber ein T-Shirt unterziehen. (Yahoo! Clever, 09.07.2007, Stichwort: Kleidung; Mukmuk) (http://de.answers.yahoo.com/question/index;_ylt=AjwmCAcusgVP3xTiu_tmXcExCgx.?qid=20070612072948AADseaP)

Dieser Text stellt eine Antwort auf die Frage dar, wie man denn als zukünftige Bankkauffrau gekleidet sein sollte. Bemerkenswert ist hier, dass die Antwort gut formuliert ist und durchaus den an die Schriftsprache zu stellenden Anforderungen gerecht wird. Dennoch enthält sie die verkürzte Artikelform ne, die eindeutig gesprochensprachlich zu interpretieren ist. Dieser Zusammenhang verweist darauf, dass selbst von denjenigen Teilnehmern, die sich ansonsten eines guten Sprachstils befleißigen, umgangssprachliche Elemente verwendet werden.

Eine den Verbalbereich betreffende Kürzung findet sich in dem folgenden Text, der die Frage zu der soeben zitierten Antwort (vgl. Beispiel (7)) darstellt:

(8) Ich fange im August eine Ausbildung als Bankkauffrau an. Natürlich muss ich dafür im Juli irgendwann mal Kleidung zulegen. Meine Frage an alle Frauen, die in Banken beschäftigt sind: Welche Basics sollte ich mir zulegen und wieviel von allem in etwa? Bin mir schon im klaren darüber, dass ich nicht in Jeans in der Bank rumlaufen kann und dass ich auch mal ein paar Hosenanzüge brauche. Aber da Hosenanzug ja keine Pflicht ist (also schicke Hose UND Blazer) sondern auch einfach Hose mit schickem Oberteil hätte ich gerne mal ein paar Tipps, was an Oberteilen Banktauglich ist (wie lang dürfen Ärmel sein, was zieht man bei einer solchen Hitze an usw...) Man kann ja nicht nur Blusen und Hosenanzüge anziehen!

(Yahoo! Clever, 09.07.2007 Stichwort: Keidung; Schlumpfine 501)

(http://de.answers.yahoo.com/question/index;_ylt=AjwmCAcusgVP3xTiu_tmXcExCgx.?qid=20070612072948AADseaP)

Die Verwendung des Verbs rumlaufen – eigentlich herumlaufen – ist eindeutig umgangssprachlich und ein verlässlicher Hinweis auf dieses Register. Zudem ist der übrige Text dieses Beispiels mehr oder minder gesprochensprachlich homogen, was die Orientierung des Mediums an der Umgangssprache stützt.

Es wird von den Teilnehmern sogar so weit gegangen, Kürzungen von Personalpronomina vorzunehmen und diese – wie in der gesprochenen Umgangssprache – mit dem Verb zu verschmelzen, wie dies in dem folgenden Beispiel der Fall ist, in dem es um die beste Methode geht, sich die Haare selbst zu färben:

(9) meine sis färbt mir die haare fast jeden monat und ich ihr ich kenne mich mitlerweile gut damit aus...kauf dir einfach erstma die farbe die du haben willst und fals du lange haare hast benötigst du 2 packungen sonst kann es sein das du nicht für alle haare genug farbe hast...also bereite alles vor..und färbe sie immer von ansatz zu ansatz oder scheitel zu scheitel..am besten mit einem färbepinsel..danach den rest packste dir drauf und tust so als ob du dir die haare wäscht..und dann warten und abspülen und fertig biste...:-) ist ganz einfach...viel spass. und erfolg.:-) byebye lg (Yahoo! Clever, 09.07.2007, Stichwort: Frisur; xtinachristina)

(http://de.answers.yahoo.com/question/index;_ylt=AkGEOVC0zhPJT9FagcodJhwxCgx.?qid=20070706163017AAyJGt5)

Eine solche – an die Aussprache angelehnte – Verwendung, wie die Kürzungen packste und biste – an Stelle von packst du und bist du - sie darstellen, ist im geschriebenen Deutsch undenkbar und steht hier für die Realisierung dieser Texte als an der Umgangssprache orientierte Fragen und Antworten. Auch dieser Text ist auf der beschriebenen Registerebene stilistisch in sich homogen; an mehreren Stellen ist er sogar fehlerhaft.

Durch diese Beispiele wird unsere zweite Arbeitshypothese weiter erhärtet, nach der Yahoo! Clever an der deutschen Umgangssprache orientiert ist.

3.5 Nomina

Im Bereich der umgangssprachlich markierten Nomina (vgl. ergänzend auch Tinnefeld, 1999, 52ff) sollen zwei Beispiele herangezogen werden, die den bisweilen besonders informellen Charakter der Kommunikation in Yahoo! Clever deutlich werden lassen. Das erste Beispiel tritt im Zusammenhang mit der bereits erwähnten Frage auf, ob Männer unromantisch seien:

(10) Das stimmt es gibt leider wenige Männer die romantisch sind! Dabei ist es sooo schön mit Kerzenlicht, romantischer Mucke, ein Glas´l Sekt etc. Mhm, das bleibt halt an uns hängen! *grins* (Yahoo! Clever, 16.07.2007), Stichwort: Männer; Maus)[16]

(http://de.answers.yahoo.com/question/index;_ylt=Ai2JjpaAMBrMq_24ZyBPiNMxCgx.?qid=20070122114111AAoOfzs)

In diesem Text stellt das Nomen Mucke einen umgangssprachlichen Ausdruck für Musik dar, der zu dem übrigen Stil der Antwort passt. Das Nomen Musik hätte die Stimmung, die hier aufgebaut wird, nicht annähernd so adäquat wiedergeben können wie der gewählte umgangssprachliche Ausdruck. Somit hat dessen Wahl hier eine kommunikative Funktion.

Das folgende Beispiel ist ein Auszug einer Antwort auf die Frage, welchen Sommerschmuck junge Frauen tragen sollten:

(11) Fußkettchen find ich hammer vor allem zu riemchensandalen und zarten flipflops sind die echt sexy. Mir gefällt an schmuck dass man sich nicht so nackt fühlt und irgendwie schöner und außerdem lieben nicht alle mädchen schmuck? (Yahoo! Clever, 09.07.2007, Stichwort: Schmuck; Sunshine) [17]

(http://de.answers.yahoo.com/question/index;_ylt=AtOtRR.EjjhpC_Ar9vuBJtExCgx.?qid=20070705031851AAZ8Ivw)

In diesem Beispiel wird das Nomen Hammer [18] zum Ausdruck eines in seiner Wirkung nicht zu überbietenden Phänomens – hier einer Modeerscheinung – gebraucht. Eine solche Verwendung ist schriftsprachlich als intolerabel einzustufen. Sie gehört nicht einmal der neutralen Umgangssprache an, sondern allenfalls einer sehr saloppen Ausprägung dieser. Dieses Beispiel ist ein Beleg für die Bandbreite der Verwendung der gesprochenen Umgangssprache, die von der gehobenen bis hin zur saloppen Form dieses Registers reichen kann.

In Ergänzung zu der beschriebenen Verwendung umgangssprachlich markierter Nomina, die in Yahoo! Clever auftreten, wollen wir uns nun mit ausgewählten Aspekten der dort verwendeten Wortstellung beschäftigen.

3.6 Wortstellung

Auch der Bereich Wortstellung [19] ist in Yahoo! Clever durch seine Orientierung an der Umgangssprache geprägt. Das folgende Beispiel [20] stellt einen weiteren Beleg für die Nähe der dortigen Sprachverwendung zu diesem Register dar:

(12) Ich bin zwar nicht in der Bank, aber ähnliche Beschätigung (Vorstandssekretärin). Ich mag Hosenanzüge nicht so sehr, hab deshalb meist Kostüm an, aber auch mit Blazern und Röcken kannst du schön kombinieren. Vor allem keine Sneakers und allzu Freizeitschuhe. Heels sind ganz gut, leichter Absatz reicht, keine "Wanderstiefel". Jeans gehen eigentlich auch, aber nur gute, keine zerrissenen oder ausgefranst oder ausgewaschen. Dazu Bluse und Blazer ist OK. Wenn du Rock trägst immer Strumpfhose tragen, auch im Sommer (gibt ganz feine), weil weisse Beine sehen schrecklich aus, wenn du ansonsten schick gekleidet bist. Hatte mal enge Jeans in hochhakigen braunen Wildlederstiefeln getragen, da hat mein Chef schon die Augen verdreht.

(Yahoo! Clever, 09.07.2007, Stichwort: Kleidung; Carmen P)

(http://de.answers.yahoo.com/question/index;_ylt=AjwmCAcusgVP3xTiu_tmXcExCgx.?qid=20070612072948AADseaP)

Der Gebrauch der Konjunktion weil ohne Inversion, die in der gesprochenen deutschen Umgangssprache seit geraumer Zeit um sich greift, jedoch einen groben Verstoß gegen die schriftsprachliche Norm darstellt, verweist auf dasjenige Register, in dem die in Yahoo! Clever verfassten Texte situiert sind. Es ist dies die Art von Umgangssprache, die in der Bevölkerung weit verbreitet ist und die im Alltag geläufig verwendet wird.

Ein ebenso klares Kennzeichen gesprochener Umgangssprache liegt in Beispiel (13) vor, in dem es um die Frage geht, ob die Tätigkeit einer Hausfrau ein Beruf sei:

(13) Geht eine Hausfrau zum Arbeitsamt und war ein lebenslang nur Hausfrau und sie hat nie was in die Kasse eingezahlt, bekommt sie auch kein Arbeitslosengeld. Kommt drauf an ob sie Kinder in die Welt gesetzt hat. Geld bekommt sie schon aber kein Arbeitslosengeld. Rente auch nicht wenn sie nicht eingezahlt hat und keine Kinder bekommen hat. Ist etwas schwierig dieses Thema. Da sind mehrere Dinge zu beachten. (Yahoo! Clever, 16.07.2007, Stichwort: Frauen; Roadrunner)

(http://de.answers.yahoo.com/question/index;_ylt=Am3lEuXdxELNx1vbpuTiUZwxCgx.?qid=20070412004031AANEvsa)

Hier liegt – in abgewandelter Form unter Elision des Subjekts - ein segmentierter Satz vor [21] . Der segmentierte Satz ist seinerseits ein klares Kennzeichen gesprochener Sprache (vgl. Söll 1985: 148ff) [22] . Auch wenn dieser Satztyp bisweilen in der Schriftsprache vorzufinden ist, so besteht eine deutliche Tendenz seiner Verwendung zu der gesprochenen (Umgangs)Sprache. Im zitierten Beispiel hat der segmentierte Satz die Funktion der Schaffung von Spontaneität und Unmittelbarkeit.

Die in Yahoo! Clever belegte Sprachverwendung tendiert somit – neben den übrigen vorgefunden Phänomenen – auch zu umgangssprachlicher Wortstellung.

Im Folgenden werden dort auftretende Redewendungen näher betrachtet.

3.7 Redewendungen

Im Bereich der Redewendungen sind ebenfalls solche belegt, die der Umgangssprache entstammen, was an Hand der folgenden beiden Textausschnitte exemplifiziert wird:

(14) Wenn derjenige manchmal knapp bei kasse ist, kannst du ja auch einen geldbaum schenken (ja, normalerweise schenkt man geld nicht, aber das ist echt keine schlechte idee) - gibt es zu kaufen, ist aus einem ähnlichen stoff wie styropor, und man kann nach belieben geldscheine/münzen hineinstecken....

(Yahoo! Clever, 09.07.2007, Stichwort: Freunde; Slimbabe)

(http://de.answers.yahoo.com/question/index;_ylt=ApVJ1uepLZ.DwWc9fx_cJJIxCgx.?qid=20070705104907AAa1Bh4)

In diesem Extrakt einer Antwort zu der in Beispiel (17) gestellten Frage [23] nach einem passenden Geschenk zum achtzehnten Geburtstag wird eine vermutete Beschränkung an finanziellen Mitteln mit Hilfe der Redewendung knapp bei Kasse sein ausgedrückt. Diese Wendung gehört der Umgangssprache an (vgl. Drosdowski et al., 1989, 818) und dient hier der bereits in anderen Beispielen festgestellten stilistischen Homogenität der Unmittelbarkeit des Ausdrucks. Sie hat eine Nähe herstellende Funktion.

Funktional ganz ähnlich wird auch die folgende Redewendung gebraucht [24] :

(15) Du musst dich nur fragen, ob du die Haare wirklich färben willst, oder nur tönen? Sind zwei paar Schuhe. Das Einzige auf das du wirklich achten solltest, ist dass du die irgend ein altes Leiberl anziehen solltest, dass du eh nie mehr tragen würdest, wegen den Flecken, denn das ist wirklich ärgerlich.

(Yahoo! Clever, 09.07.2007, Stichwort: Frisur; Emily) [25]

(http://de.answers.yahoo.com/question/index;_ylt=AkGEOVC0zhPJT9FagcodJhwxCgx.?qid=20070706163017AAyJGt5)

Die hier durch Unterstreichung hervorgehobene Wendung hat formal die Funktion der kategorialen Einteilung und kommunikativ die Funktion der Herstellung von Nähe zu der Fragestellerin: Sie bewirkt eine Reduzierung des „erhobenen Zeigefingers“, also eine didaktisch geschickte Relativierung des Wissensvorsprungs der antwortenden Person.

Alle genannten Faktoren stellen einen Beleg dafür dar, dass Yahoo! Clever auch im Bereich der Redewendungen eine Quelle authentischen umgangssprachlichen Gebrauchs des Deutschen ist.

3.8 Semantische Inexaktheit

Zusätzlich zu den bisher beschriebenen, für die gesprochene Sprache relevanten Phänomenen ist hier auch dasjenige der semantischen Inexaktheit belegt. Ebenso wie in den bisher behandelten Bereichen ist es auch in diesem Zusammenhang nur möglich, einige wenige Schlaglichter auf interessante Erscheinungen zu werfen. Bereits bei einer ersten Sichtung lassen sich Beispiele wie das folgende finden.

(16)Eine Hausfrau ist nicht einfach nur eine Frau ohne einen Job.
Was tut denn eine Hausfrau? Sie hat fast einen 20 Std. Tag. Sie ist Krankenschwester, Reinigungskraft, Kindererzieherin, Näherin, Köchen, und was weiß ich nicht noch alles. Leider wird Hausfrau nicht als Beruf anerkannt, und somit gibt es weder Lohn noch Arbeitslosengeld. Ich war eine Zeitlang auch "nur" Hausfrau, und habe mich dafür auch nicht geschämt, dies zu sagen. Im rechtl. Sinn arbeitslos ist man als Hausfrau nich. (Yahoo! Clever, 16.07.2007; Stichwort: Frauen; Wühlmaus)

(http://de.answers.yahoo.com/question/index;_ylt=Am3lEuXdxELNx1vbpuTiUZwxCgx.?qid=20070412004031AANEvsa)

In dieser Antwort auf die Frage, ob die Tätigkeit einer Hausfrau ein Beruf sei, ist der Zusatz und was weiß ich nicht noch alles von Interesse, der in der geschriebenen Sprache undenkbar ist - und dies nicht nur aus stilistischen Gründen, sondern auch aus Gründen der Logik, denn in der geschriebenen Sprache hat man Zeit zum Nachdenken, was zu der Vermeidung der Versprachlichung solcher unpräzisen Zusätze führt. Dieses Beispiel zeigt somit, dass in Yahoo! Clever die Tendenz zu spontaner, mehr oder minder unvorbereiteter sprachlicher Äußerung besteht, was in umgangssprachlichem Stil resultiert.

Im folgenden Beispiel ist die anzutreffende Nominalelision interessant:

(17) Habt ihr ne originelle&witzige Idee was man zum 18. schenken kann? bin schon auf der suche hab aber noch nix...?

(Yahoo! Clever, 09.07.2007, Stichwort: Freunde; Abby)

http://de.answers.yahoo.com/question/index;_ylt=ApVJ1uepLZ.DwWc9fx_cJJIxCgx.?qid=20070705104907AAa1Bh4

Hier ist natürlich der 18. Geburtstag der betreffenden Person gemeint, was kontextuell unzweifelhaft verständlich ist, dennoch ist dieses Nomen ausgelassen: Unvollständigkeit ist ein deutliches Kennzeichen gesprochener Sprache (vgl. Söll, 1985, 55ff).

Auf Grund der hier dokumentierten Befunde kann unsere zweite Arbeitshypothese bestätigt werden: Die Texte aus Yahoo! Clever sind tendenziell der gesprochenen deutschen Umgangssprache zuzuordnen. Diese Plattform repräsentiert somit eine wichtige Informationsinstanz für denjenigen, der schriftlich fixierte Beispiele für gesprochenes Deutsch sucht – für den Forscher gleichermaßen wie für den Lehrer. Im Folgenden wollen wir uns daher in konsequenter Weiterführung unserer Reflexionen mit den didaktischen Implikationen des bisher Festgestellten beschäftigen.

4. Einbettung von Yahoo! Clever in den Unterricht Deutsch als Fremdsprache

Yahoo! Clever bietet ein attraktives Potential für die Vermittlung schriftlich fixierter, gesprochener Sprache im Unterricht Deutsch als Fremdsprache und stellt damit eine sinnvolle Lehrwerkergänzung dar. Dieses Potential soll hier kurz dargestellt werden.

Ein Grundproblem der Darbietung gesprochener Fremdsprache im Unterricht ist dasjenige der meist schwierigen Dekodierung auf Seiten der Lerner: Gesprochensprachliche Texte, die aus dem Fernsehen oder dem Radio stammen – und die zudem oft sogar Schriftsprache darstellen [26] -, sind für Lernende nicht selten schwer zu verstehen – selbst auf fortgeschrittenem Niveau. Gleiches gilt für an der gesprochenen Sprache orientierte Sendungen, die sich eher an Jugendliche wenden. Probleme liegen hier zum einen in den verwendeten Sprachstrukturen, zum anderen in der phonetischen Dekodierung des Gesagten, wobei letztere die im Vergleich größeren Probleme mit sich bringt. Hier schafft Yahoo! Clever Abhilfe, denn es bietet Umgangssprache in schriftlicher Fixierung. Auf diese Weise können Schüler und Studenten Schritt für Schritt an die gesprochene deutsche Umgangssprache herangeführt werden und ein Verständnis für sie entwickeln. Diese Arbeit stellt zugleich einen wichtigen Zwischenschritt für die spätere Rezeption von Radio- und Fernsehsendungen dar.

Yahoo! Clever ist in seinen Texten aktuell und genuin. Es werden zudem Themen aus der gesamten Bandbreite des Lebens angesprochen, wobei das jeweils relevante Vokabular in von durchschnittlichen deutschen Muttersprachlern in diesen Kontexten normalerweise verwendeten Konstruktionen auftritt. Das den Lernenden angebotene Material könnte somit kaum authentischer sein. Konstruierte Lehrwerktexte können diesem Standard der Authentizität niemals gerecht werden (vgl. auch 1.2.2).

Die Texte aus Yahoo! Clever stellen eine gute Vorbereitung der Lernenden für einen Aufenthalt in Deutschland dar. Sie vermitteln ihnen, wie Deutsche in unterschiedlichen thematischen Kontexten (umgangs)sprachlich kommunizieren. Zudem vermitteln sie die Denkweisen deutscher Zeitgenossen und ermöglichen somit interkulturelles Lernen in nicht-konstruierter, echter und lebensnaher Form.

Zudem wird Lernern des Deutschen deutlich gemacht, dass auch deutsche Muttersprachler nicht „perfekt“ sind. Dies gilt zwar – vorsichtig formuliert - für die meisten Muttersprachler der meisten Sprachen -, Schüler und Studierende einer Fremdsprache realisieren diesen Gesichtspunkt in ihrem eigenen Streben nach Perfektion jedoch kaum. Hierin liegt somit eine weitere Chance zur Verminderung der Demotivierung der Lernenden: Sie erkennen, dass auch sie nicht unbedingt „perfekt“ in der Verwendung des Deutschen zu werden brauchen.

Im Unterricht können die Texte von Yahoo! Clever rezeptiv und imitativ verwendet werden und machen auf diese Weise rasche Lernfortschritte möglich.

Trotz dieser enormen Vorteile gehen mit der Nutzung dieser Plattform auch Probleme einher, die sich jedoch im Wesentlichen auf einen Komplex reduzieren lassen: Die hier veröffentlichten Texte sind – wie bereits erwähnt – nicht immer fehlerfrei. Oft wird die Großschreibung nicht umgesetzt, es sind Interpunktionsfehler und orthographische Fehler festzustellen, die verwendete Grammatik ist nicht immer akzeptabel. Zwar sind all diese Phänomene charakteristische Anzeichen lebendiger Sprache, dennoch ist ihre Verwendung zu unterrichtlichen Zwecken grundsätzlich problematisch – jedoch durchaus kompensierbar. In dieser Situation ist der Lehrer gefordert, der diese Probleme zu erkennen und die Originaltexte entsprechend sprachlich zu redigieren hat. Die in Yahoo! Clever öffentlich gemachten Texte können also nur in seltenen Fällen unkorrigiert im Unterricht verwendet werden. Nach einem entsprechenden Korrekturvorgang stellen sie hingegen eine wertvolle umgangssprachliche Ressource dar.

Für den taiwanischen Lehrer bedeutet dies, dass er die – auch gesprochene – deutsche Sprache sehr gut beherrschen muss, um diesen Korrekturvorgang durchführen zu können, oder die Texte gegebenenfalls in Kooperation mit deutschen Muttersprachlern bearbeitet. Ist eine dieser beiden Bedingungen erfüllt, steht der Verwendung dieser Texte im Unterricht nichts im Wege.

Wichtig bei einer solchen, didaktischen Bearbeitung der Texte ist jedoch, dass deren umgangssprachliche Elemente gerade nicht getilgt werden, sondern erhalten bleiben. Es geht einzig und allein darum, die Texte von sprachlichen Fehlern zu befreien; eine stilistische Korrektur der Texte ist dagegen nicht gefragt: Diese würde den gesamten Lerneffekt, der durch Yahoo! Clever bereit gestellt wird, zerstören.

5. Abschließende Bemerkungen

In unseren Ausführungen ist deutlich geworden, dass Yahoo! Clever eine Plattform darstellt, die aus vielerlei Gründen für die Vermittlung gesprochener deutscher Umgangssprache wertvoll ist [27] . Die besonderen Vorteile liegen in der schriftlichen Fixierung eines Registers, das im Allgemeinen ausschließlich mündlich realisiert wird. Zudem ist hier eine Plattform gegeben, in der das gesamte Spektrum des Lebens – von Fragen des Alltags bis hin zu philosophischen Fragestellungen – abgedeckt wird und das somit eine breite Basis für die Vermittlung unterschiedlicher thematischer Felder im Hinblick auf die Lexik, aber auch hinsichtlich der Syntax, darstellt. Im Unterschied zum Chat, in dem ebenfalls mündlich konzipierte Sprache in schriftlich fixierter Form anzutreffen ist, ist der Grad an Seriosität und Ernsthaftigkeit, der bei Yahoo! Clever vorzufinden ist, jedoch größer und die verwendete Sprache somit zuverlässiger, was für die Verwendung im Unterricht einen großen Vorteil darstellt.

Was jedoch für die Nutzung dieser zweifelsohne wertvollen Ressource vonnöten ist, sind ein mündiger Lehrer und ein ebenso mündiger Schüler. Lehrer und Lehrerinnen, die Yahoo! Clever in ihrem Deutschunterricht nutzen, müssen sehr gute Kenntnisse des Deutschen aufweisen, um die jeweiligen Texte redigieren und didaktisch aufbereiten zu können. Schüler und Schülerinnen, die mit diesen Texten konfrontiert werden, müssen lernen, dass auch deutsche Muttersprachler ihre Sprache nicht immer fehlerfrei benutzen. Diese Erkenntnis kann für sie von hohem Motivationspotential sein, denn auch sie werden das Deutsche erst nach langer Zeit der Erlernung – wenn überhaupt – fehlerfrei zu verwenden in der Lage sein. Sollten sie ihre eigene Muttersprache zuweilen nicht vollkommen einwandfrei benutzen, wird dies zudem weniger beschämend für sie sein. Auch hier ergeben sich durch eine entsprechende unterrichtliche Umsetzung wichtige pädagogisch-didaktische Chancen.

Es ist somit deutlich geworden, dass Yahoo! Clever als Lehrwerkergänzung für die Vermittlung und – aus der Schülerperspektive – für die Erlernung der zeitgenössischen deutschen Umgangssprache von hohem Nutzen sein kann. Es ist daher lohnend, diese moderne, immer auf dem aktuellen Stand der Sprachentwicklung befindliche, gleichsam nie versiegende umgangssprachliche Quelle für den Unterricht Deutsch als Fremdsprache in Taiwan zu nutzen. Gerade für Lernende aus solchen Ländern, die in erheblicher geographischer Entfernung zu Deutschland liegen und für deren Muttersprachler es nicht einfach möglich ist, spontan dorthin zu reisen, um Sprache in Aktion zu erleben, ist die Berücksichtigung dieser Plattform somit von großer Bedeutung.

Bibliographische Angaben

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[1] Diese Aussage soll nicht implizieren, dass es in dem von uns untersuchten Material nicht auch regional geprägte Beiträge gebe. Es ist vielmehr bemerkenswert, dass einige Beiträger durchaus regionale Schreibweisen und auch regional gefärbte Lexeme in ihre Texte einfließen lassen. Da diese jedoch für den Unterricht des Deutschen als Fremdsprache nicht von vordringlichem Interesse sind, werden sie hier nicht berücksichtigt.

[2] V. Polenz (1999, 39) geht sogar von einer „teilweise[n] Reoralisierung der öffentlichen Kommunikation“ aus.

[3] Leider müssen wir uns in der Präsentation und Analyse der Beispiele aus Gründen des begrenzten Raumes hier sehr beschränken. Es sei jedoch darauf hingewiesen, dass es sich bei unseren Reflexionen nicht um Einzelbeobachtungen handelt.

[4] Ein Text aus diesem Themenbereich wurde hier aus dem Grunde ausgewählt, weil dieser einer der Rubriken entspricht, die auch in Yahoo! Clever auftreten. Auf diese Weise wird eine gewisse thematische Kongruenz sicher gestellt.

[5] Ein Charakteristikum gesprochener Sprache besteht darin, dass das Wichtigste zuerst genannt wird (vgl. Söll, 1985, 58ff). Somit hätte man hier eine Eröffnung des Satzes durch das Subjekt erwarten können.

[6] Leider ist es aus Platzgründen nicht möglich, an dieser Stelle weitere Beispiele zu zitieren. Als ein in unserem Sinne sehr guter Text sei jedoch auf den Dialog über eine geplante Radtour in Teil 3 des Lehrwerks Delfin (Aufderstraße et al., 2003, 155) verwiesen, der jedoch eine Ausnahme darstellt.

[7] In dieser inhaltlichen Stoßrichtung eröffnet sich ein wichtiges und ergiebiges Forschungspotential.

[8] Bei der Beschäftigung mit diesem Thema fällt rasch auf, dass Yahoo! Clever ein hervorragendes Potential für linguistische Untersuchungen unterschiedlicher Ausrichtung und Ausprägung bietet. Es sollte in zeitnaher Forschung somit unbedingt für Arbeiten im Rahmen der Korpuslinguistik berücksichtigt werden.

[9] Vgl. hierzu Drosdowski et al., 1989, 1544, wo dieses Adverb in den Bedeutungen „völlig, ganz u. gar, durch u. durch“ bzw. „außerordentlich, sehr“ (im Original kursiv) als umgangssprachlich mit intensivierender Funktion ausgewiesen wird.

[10] Die Quelle der Beispiele wird wie folgt zitiert: Yahoo! Clever, Datum des Zugriffs und das Stichwort, unter dem die jeweilige Frage mit den entsprechenden Antworten gefunden wurde. Dieses Stichwort ermöglicht die prinzipielle Wiederauffindung dieser Texte. Zudem werden die Namen der Autoren der jeweiligen Fragen und Antworten zitiert. Eine Suche unter diesen Namen führt im Allgemeinen ebenfalls zur Auffindung der jeweiligen Texte, so dass sie somit doppelt abgesichert ist. Das Faktum, dass die Namen der Teilnehmer nicht selten merkwürdig anmuten, liegt darin begründet, dass es sich in der Mehrzahl der Fälle um nicknames handelt, die die wahre Identität der jeweiligen Person verschleiern und dieser damit Anonymität sichern. In einer separaten Klammer wird die URL angegeben, unter der das jeweilige Beispiel aufgefunden werden kann, solange es online ist).

Zu den Beispielen ist zudem anzumerken, dass sie oft orthographische Fehler enthalten und dass die Groß- und Kleinschreibung sowie die Zeichensetzung in manchen von ihnen nicht oder nicht konsequent respektiert werden. Die Beispiele werden hier unverändert zitiert; Korrekturen sind von uns nicht vorgenommen worden.

Die Unterstreichungen in den Beispieltexten stammen von uns und dienen der Hervorhebung der kommentierten Sprachphänomene.

[11] Vgl. Drosdowski et al. (1989, 614), wo glatt in umgangssprachlicher Verwendung die folgende Bedeutung hat: „so eindeutig od. rückhaltlos (geäußert), daß das damit Beabsichtigte offensichtlich ist, daß kein Zweifel daran aufkommen kann“ (im Original kursiv)

[12] Vgl. hierzu auch Lewandowski (1985, 461) und Meyers (2008) (04.01.2008; http://lexikon.meyers.de/meyers/Interjektion)

[13] Vgl. hinsichtlich der semantischen Bandbreite dieser Interjektion auch Drosdowski, 1989, 1049.

[14] Die Verbindung zwischen der Interjektion na und der Partikel ja ist inzwischen so eng geworden, dass die Verfasserin der Antwort in unserem Beispiel beide bereits zusammen schreibt.

[15] Vgl. hierzu auch Hentschel, 1998, 10.

[16] Auch diese Antwort bezieht sich auf die Frage, ob Männer unromantisch seien.

[17] In Yahoo! Clever kommt es nicht selten vor, dass ganze Texte ausschließlich in Kleinschreibung verfasst sind.

[18] Es ist nicht verwunderlich, dass derart neue, umgangssprachliche Verwendungen des Deutschen lexikographisch noch nicht belegt sind.

[19] Vgl. ergänzend auch Tinnefeld, 1999, 71ff.

[20] Auch dieses Beispiel stellt eine Antwort auf die Frage dar, wie eine (künftige) Bankkauffrau gekleidet sein sollte.

[21] Die vollkommen kanonische Form dieses segmentierten Satzes müsste lauten: „Das ist etwas schwierig, dieses Thema“, wobei das dislozierte Inhaltssubjekt zudem durch ein Komma vom übrigen Satz abgetrennt sein müsste.

[22] Der segmentierte Satz ist nicht nur eine Erscheinung des gesprochenen Französisch, sondern im gesprochenen Deutsch ebenso vorfindbar. Auch seine Funktionen im Deutschen sind mit denen des Französischen vergleichbar.

[23] Festzustellen ist auch in diesem Beispiel die konsequente Verwendung der Kleinschreibung.

[24]Auch diese Beispiel repräsentiert eine Antwort auf die Frage nach der besten Methode des selbstständigen Haarefärbens.

[25] Diese Antwort bezieht sich – wie Beispiel (9) – auf die Frage, wie man sich am besten selbst die Haare färben kann.

[26] Man denke hier beispielsweise an typische Nachrichtensendungen wie die Tagesschau der ARD oder die heute-Sendungen des ZDF.

[27] Eine statistische Absicherung unserer Befunde steht zwar gegenwärtig noch aus, diese dürften jedoch weitgehend bestätigt werden.